Dieter Meier
Out Of Chaos
Staatsakt/Rough Trade
69 Jahre und kein bisschen leise: Der Yello-Sänger nimmt mit neuen Helfern rumpelnden Art-Pop ins Visier.
Na, so was! Gehen da doch tatsächlich zwei Männer fremd, die über Jahrzehnte unzertrennbar miteinander verbunden schienen: Boris Blank und Dieter Meier, die beiden Zürcher, die seit 1979 als Yello den Electropop immer wieder neu auslegen und Mitte der 80er-Jahre mit „Oh Yeah“ und dem „Formel Eins“-Intro „The Race“ Welthits landeten. Blank hat gerade das mit Sängerin Malia eingespielte Album CONVERGENCE veröffentlicht.
Sein bewährter Kumpan Meier, der Tausendsassa (Bankierssohn, Geschäftsmann, Schauspieler, ehemaliger Golfprofi und Betreiber einer Bio-Rinderfarm in Argentinien), bringt derweil eine Reihe von Songs zu Gehör, die in Berlin entstanden sind. An den Reglern: Nackt, Ben Lauber (aus der Band von Apparat) und T.Raumschmiere. An den Instrumenten: Tobias Preisig (Geige), Nicolas Rüttimann (Gitarre), Ephrem Lüchinger (Piano) und Thomas Wydler von The Bad Seeds am Schlagzeug. Die Veränderung macht sich schon in Meiers Stimme bemerkbar.
Der Altmeister rezitiert nicht nur, er singt auch. Mit tiefem Timbre macht er in „Busy Going Nowhere“ Tom Waits oder einem verruchten Chansonnier Konkurrenz. Wenn er sich über Orientierungslosigkeit beklagt, geht er in einer Weise aus sich heraus, die man von ihm nicht gewohnt ist. Das ganze Album ist eine Wucht. „Loveblind“ ragt im Vergleich zum schon sehr guten Rest noch heraus, weil Meier hier das brillant veranschaulicht, was passiert, wenn ein Mann blind vor Liebe durch die Stadt torkelt.
In „The Ritual“ schnurrt er wie Steve Kilbey von The Church. Yello-Fans müssen auch nicht fremdeln. In „Jimmy“, „Buffoon“ und „Fat Fly“ kommt das zum Vorschein, was diesen Grandseigneur in den frühen Achtzigern zu einem bewunderten Exoten der New Wave ge- macht hat. Auch „Bostich“-Andeutungen sind dabei. Große Unterhaltung, damals wie heute.