Die Ärzte

Bei den Ärzten bekommst du was fürs Geld: Brettspiele und Pizzaschachteln zur Platte etwa, versteckte Booklets; das erste Livealbum erschien als Dreifach-12“-Vinyl plus Bonus-7“, das zweite als Sechsfach-LP-Box. Mehr war für die beste Band der Welt immer schon: mehr! So erschien das Doppelalbum GERÄUSCH, mit dem BelaFarinRod 2003 vollmundig einen Platz im Olymp der 70er Rockgiganten beanspruchten, nur folgerichtig.

Doch ein Blick hinter die Kulissen ließ erkennen, dass sie hier versuchten aus der Not eine Tugend zu machen. Zehn Jahre waren seit ihrem fulminanten Comeback vergangen, fünf neue Platten erschienen – sechs mit der irrwitzigen Sonderveröffentlichung 5, 6, 7, 8 – BULLENSTAAT, Unmengen an Interviews wurden gegeben, noch mehr Konzerte gespielt. Die Luft war dick, die Häute dünn. Um Streitigkeiten über die Tracklist zu umgehen, knallten sie das Werk einfach mit 26 Songs voll.

Aus mehr war zu viel geworden

Erst war die Band an ihre Grenzen geraten, nun auch die Fans. Aus mehr war zu viel geworden. Der eigenartig martialische Selbstermächtigungs-Gröler „Nicht allein“ lässt eher Köpfe schütteln als Headsbangen und Plot-Twists wie am Ende des Standard-Punks „Lovepower“ hatte man schon origineller hinbekommen. Füller wie diese trüben den Schein von Glanzlichtern wie dem bizarren Schweden lob „Jag Älskar Sverige!“ oder dem Opener „Als ich den Punk erfand…“, der den Bogen von Chanson über Punk zu Jazz spannt, bevor sie mit dem folgenden „System“ Calypso tanzen.

Der Erfolg gab den Ärzten natürlich recht: Die Philip Boas „Kill Your Ideals“ grüßende Leadsingle „Unrockbar“ stieg auf Platz 1 in die Charts ein und rangiert auf der Liste ihrer meistgespielten Konzert Songs auf Platz 9. Gleich darunter ein Stück, dem als Hymne der Fridays-for-Future-Bewegung auch ein Nachleben jenseits des Fankreises vergönnt war: „Deine Schuld“. GERÄUSCH ist ein gutes Album, es ist nur leider auf zweien erschienen.

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