Deftones – Saturday Night Wrist

Wenn man Bassist Chi Cheng glauben darf, dann waren sie in den letzten zwei Jahren gleich mehrfach kurz davor, ihren Sänger abzumurksen. Chino Moreno, der Ziegenbartträger mit den rutschenden Schlabber-Jeans, mutiert immer mehr zur launischen Diva. Als solche hat er nicht nur eine Reihe von renommierten Produzenten vergrault (u.a. 70s Legende Bob Ezrinl, sondern auch die Existenz der Band aufs Spiel gesetzt. So ist er mitten in den Aufnahmen mit seinem Nebenprojekt Team Sleep auf Tour gegangen – und hat seine Kollegen vier Monate warten lassen. Was für horrende Produktionskosten und jede Menge Ärger sorgte. Genau wie Chinos Angewohnheit, bis zuletzt an Texten, Titeln und Artwork zu feilschen. Doch die Spannungen, so viel gleich vorweg, haben auch ihr Positives. saturday night wrist (ein Begriff, der gefährliche Armverrenkungen beim Ausschlafen des samstäglichen Alkoholrauschs beschreibt] ist fast ein zweites WHITE pony und um Klassen besser als der enttäuschende Vorgänger deftones. Weil der Fünfer wieder volles Risiko geht, seine poppige und seine heftige Seite bis ins Extrem führt und weder vor wildem Geschrei und infernalem Gebolze noch vor sanften, harmonischen Tönen zurückschreckt. Iron Maiden und Pantera treffen The Smiths. The Cure und Duran Duran – meistens in einem einzigen Song. Was ein denkwürdiges Wechselspiel ergibt. Etwa in „Rats“, das betont aggressiv beginnt, nur um butterweich zu enden. Und im Opener „Hole In The Earth“. Ein Bastard aus New Wave und brutalem Metal, in dem Chino die Interna der letzten 18 Monate verarbeitet. Das Album mutet wie eine emotionale Achterbahnfahrt an. Ein Auf und Ab aus Euphorie und Weltschmerz, Geschrei und Empfindsamkeit, messerscharfen Stakkatoriffs und sphärischer Electronica. Ein echter Trip. VÖ: 27.10.