David Bowie :: Love You Till Tuesday

Bevor sich David Bowie 1972 der Rock’n’Roll-Avantgarde als blaßhäutiger, rothaariger Extraterrist ZIGGY STARDUST empfahl, konnte das Londoner Allroundtalent mit dem Tick für das etwas andere Showgebaren schon auf eine zehnjährige Karriere abseits des Rampenlichts zurückblicken. Einen zumindest kleinen Einblick in sein Schaffenswerk offeriert das bereits Ende der achtziger Jahre auf VHS veröffentlichte Filmchen LOVE YOU TILL TUESDAY. Bowies damaliger Manager Kenneth Pitt, ein recht seltsames Relikt des Showgeschäfts der fünfziger Jahre, finanzierte 1968 das nun digital restaurierte und auf Dolby Digital 5.1 Surround Sound optimierte halbstündige Kabinettstückchen. Mit einem schon recht souveränen Hauptdarsteller, der sich allerdings noch nicht so recht entscheiden konnte, ob er lieber ein biederblonder Schlagersänger sein wollte, der mit seiner damaligen Freundin, der Tänzerin Hermione Farthingdale, auftrat, ein bizarrer britischer Musical-Kauz oder doch lieber Folk-Duett-Partnervon John Hutchinson. Einzig eine recht spektakulär inszenierte Frühfassung des 69er-Durchbruchswerks „Space Oddity“ erinnert an spätere exzentrische Faxen: Bowie mimt sowohl den Mann der Bodenstation [… „groundcontrol to Major Tom“ …] als auch den in einen futuristischen silbrigen Anzug gewandeten Astronauten – mit einer Langhaarperücke auf dem Kopf, weil die eigene Haarpracht kurz zuvor wegen einer Filmrolle der Schere zum Opfer gefallen war. Als Bonus findet sich eine bislang verschollen geglaubte Rarität des schottischen Fernsehens aus dem Jahre 1970, in der Bowie bis auf den Soundtrack allerdings eine recht untergeordnete, wenn auch reichlich androgyne Rolle spielt. Das von dem homosexuellen Pantomimen Lindsay Kemp, damals Bowies Lehrmeister, konzipierte Stück mit 25 Minuten Spielzeit ist ein Leckerbissen für Fans des expressionistischen Theaters und erstaunt mehr als 35 Jahre später mit seiner unumwundenen Gesellschaftskritik an der bürgerlichen Norm.