Chvrches

Every Open Eye

Vertigo/Universal

Mit noch mehr Dynamik den Erfolg fortsetzen: Das Indie’n’Synthie-Trio aus Glasgow legt nach.

Vor vier Jahren fuhr Chvrches-Keyboarder Iain Cook noch auf seinem Motorrad durch Glasgow, gab Interviews zu seiner Emo-Gitarrenband The Unwinding Hours und erzählte eher beiläufig, er habe da auch ein Synthieprojekt laufen, mal sehen, was daraus werde. Heute wissen wir: Chvrches sind ein großes globales Popthema, selbst die USA liegen dem Trio zu Füßen.

Schon interessant: Die Keyboard-Lines von Chvrches sind gar nicht so ungewöhnlich, das Songwriting ist gut, aber auch nicht unfassbar brillant – und doch sehen sehr viele Menschen im Debüt THE BONES OF WHAT YOU BELIEVE ein absolutes Lieblingsalbum. Vielleicht liegt es daran, dass die Schotten ein prima Gegenmodell zum übermodellierten US-Pop sind: Neben Iain Cook gibt auch Martin Doherty (früher Aushilfsmusiker bei The Twilight Sad) den Indienerd. In der Mitte jedoch steht die kleine Sängerin Lauren Mayberry, die viel Kraft und Intelligenz ausstrahlt – und dennoch wirkt, als könnte sie morgen als Austauschschülerin auf der Matte stehen.

Bei Chvrches gehen Indie und Dance-Pop zusammen, das ist in dieser Selbstverständlichkeit außer­gewöhnlich. Wie gut das klingen kann, zeigt der neue Song „Keep You On My Side“, vom Sound zunächst purer Pop, bis im Refrain die Drummaschinen das Tempo hochdrehen. „Clearest Blue“ wird auf dem Höhepunkt zum Stampfer, diese Rockdynamik ist neu. Und für „Make Them Gold“ würden Coldplay viel Geld ausgeben. Doch die Kohle brauchen Chvr­ches gar nicht, in Stadien spielen sie selbst längst, zuletzt bei der Eröffnung der Commonwealth Games in ihrer Heimatstadt. So schön das alles ist: Am Ende des Albums ist man ein wenig ermüdet von den ganzen klugen Synthies und hypereingängigen Melodien. EVERY OPEN EYE? Aufpassen, dass sich nicht irgend­wann eines schließt!