Charles Lloyd & Billy Higgins – Which Way Is East

Der eine gehörte zum Stamm des epochalen Ornette-Coleman-Quartetts, mit dem der Jazz Anfang der sechziger Jahre sich aller Korsetts entledigte. Der andere zog nur einige Jahre später nach mit seinem berühmten Quartett feat. Keith Jarrett, mit dem er die Tradition entfesselte. So unterschiedlich die Biografien von Schlagzeuger Billy Higgins und des Saxofonisten Charles Lloyd auch waren – nicht nur ihre experimentierfreudige Neugier, ihre unbändige Entdeckerlust machte sie über Jahrzehnte hinweg zu Brüdern im Geiste. Und ab 1998 trafen sie sich endlich auch ausführlich in Aufnahmestudios. Das allerletzte Treffen kam aber bereits Anfang 2001 im Haus von Charles Lloyd zustande: Higgins verstarb knapp ein halbes Jahr nach der einwöchigen Session. Und als ob Higgins & Lloyd es geahnt hätten, wurde das mitgeschnittene Gipfeltreffen zu einer Weltreise des Jazz, zu den Wurzeln, die beide Musiker nicht nur im Gospel ausmachten. Mit einer riesigen Percussionskollektion aus Afrika und Asien kam Higgins angereist, um mit Lloyd alle erdenklichen, magischen Dialoge zu führen. Von rituellen Beschwörungen, die an tibetanische Tempelklänge erinnern, über kleine, indische Balladen bis hin zu abstrakten Improvisationen mit Charles Lloyds energiereichem, ungemein wärmenden Saxofon-Spiel; vom aufreizenden Modern-Jazz-Song bis hin zu afrikanischen Liedern ohne Worte, in denen pastorale Anmut steckt – das sind nur einige Teilstücke der Route von which way is east. die glücklicherweise als Doppel-CD veröffentlicht worden ist. Und von der man dank ihrer 1001 Erzählungen, Geheimnisse und Überraschungen ungefähr ein ganzes Leben lang zehren wird.