Branford Marsalis – The Steep Anthology

Sein Bruder, der Trompeter Wynton Marsalis, war stets der strenge, dabei elegante Stilist, um nicht zu sagen: Dogmatiker. Einer, dem die Aufarbeitung der Jazz-Historie, das Ausleuchten der afroamerikanischen Wurzeln, die Besinnung auf Traditionen eine Herzensangelegenheit war. Wie anders dagegen der jüngere Branford, der lockerflockig durch die Stile marodierte, stets am Puls der Zeit. Der packte sein Saxofon für Sting aus oder groovte sich unter dem „nom de guerre“ Buckshot LeFonque durch verschwitzten Funk, entdeckte die europäische Klassik für sich, nur um kurz darauf wieder zu seiner großen Liebe, einem beseelten Neo-Bop, zurückzukehren. the steep anthology bietet – unter Verzicht auf jegliche klassische oder gar poppige Anwandlung – einen neun Stücke umfassenden Querschnitt durch 15 Jahre (von 1984 bis 1999) bzw. neun Alben und enthält mit einer Tour de force durch Thelonious Monks „Evidence “ [live aufgenommen im Village Vanguard) noch einen bisher unveröffentlichten Track. Das Spektrum reicht von Bernstein/Sondheims Evergreen „Maria“ aus der west side story, der hier zum Weinen schön interpretiert wird, über den alles verschlingenden Maelstrom „The Dark Keys“ mit einem fantastischen Jeff Watts am Schlagzeug bis hin zu den dampfigen Preservation-Hall-Klängen von „Sidney In Da House „. Nicht weniger als der ideale Einstieg also in die wunderbare Welt des Branford Marsalis.