Bonaparte
Was mir passiert
Columbia/Sony Music (VÖ: 14.6.)
Der Kaiser ist tot, es lebe der Kaiser. Die Berliner Partykönige erfinden sich neu mit globalisiertem Pop und deutschen Texten.
Berlin heißt jetzt Abidjan. Jedenfalls für Tobias Jundt. Der Schweizer Wahlberliner, der mit seiner Mummenschanz-Formation Bonaparte den Mythos von der Partymetropole an der Spree entscheidend prägte, hat sich aufgemacht nach Westafrika, in die größte Stadt der Elfenbeinküste. Dort hat er mit lokalen Musikern, darunter Stars wie Fatoumata Diawara, WAS MIR PASSIERT aufgenommen, und in der Fremde eine Aufbruchsstimmung vorgefunden, die ihn an das Berlin der Nullerjahre erinnerte und ihn zugleich dazu inspirierte, sein erstes Album mit deutschen Texten zu schreiben.
AmazonDie Folge ist eine Neuerfindung aus den Überresten der eigenen Geschichte. „Punk ist tot, Reggae ist tot, Jazz ist tot, HipHop ist tot, Funk ist tot, Schlager ist tot. Klassik? Auch tot, merkt aber keiner“, singt Jundt in „Das Lied vom Tod“. Die textlich wie musikalisch bislang zu einer gewissen Brachialität neigenden Bonaparte werden beerdigt und aus der Asche steigt ein Projekt, das eine freundliche Postmoderne predigt, die sich alles aneignet, ohne in imperialen Gesten zu erstarren.
Bestes Beispiel ist „Dene wos guet geit“: Über feinen polyphonen Rhythmen singen Jundt und seine Landsfrau Sophie Hunger ein Duett auf Schweizerdeutsch, bevor ein afrikanischer Chor einsetzt. Mal tauchen Rapper wie Bop de Narr auf, dann Die Ärzte Bela B und Farin Urlaub. Mal singt Jundt vom Leben zwischen den Kontinenten und Welten, dann vom Einfluss des neoliberalen Konsumkreislaufes aufs private Gefühlsleben. Bonaparte ist globalisierte Musik im besten Sinne gelungen.