Bohren & Der Club Of Gore
Piano Nights
PIAS/Rough Trade 24.1.
Ambient: Eine der langsamsten Bands aus Mülheim an der Ruhr (und der Welt) lässt sich einmal mehr nicht aus der Ruhe bringen.
Bohren & Der Club Of Gore sind wie ein 386er-Computer mit Modem, wie ein Telefon mit Wählscheibe in Zeiten von High-Speed-Verbindungen, iPhone und der ganzen To-Go-Manie. Die personifizierte Langsamkeit also, die das Quartett aus Mülheim an der Ruhr mit einem aufreizenden Stoizismus weiterentwickelt. Natürlich erfolgen diese Modifikationen in Zeitlupenschritten und homöopathischen Dosen – auch wenn PIANO NIGHTS da diesmal eine kleine Ausnahme bildet. Nicht, was die so unkopierbare, in Moll gehaltene Soundsignatur der seit 1988 aktiven Band angeht, wohl aber die Instrumentierung.
Der Albumtitel lässt viel Interpretationsspielraum: von gefühlsduseligem Tastenkitsch bis hin zu Irrsinn à la Chilly Gonzales. Aber natürlich wirken Bohren & Der Club Of Gore weit entfernt von diesen Polen. Sie drücken mit PIANO NIGHTS nur aus, dass sich ein Klavier einen Platz zwischen den unverzichtbaren Instrumenten Mellotron, Vibrafon, Saxofon, Bass, Schlagzeug und Fender Rhodes erobern konnte. Was eher zufällig geschah, nachdem Tastenspieler Christoph Clöser sich bei einem Konzert in Moskau an den Flügel setzte.
Den insgesamt neun Stücken verleiht das in einigen Momenten eine gewisse Leichtigkeit, ohne dabei die verhangenen, verlorenen und doch so anmutigen wie schönen Instrumentaltöne aufzubrechen. Wieder also gelingt Bohren & Der Club Of Gore ein provokanter musikalischer Gegenentwurf zum rastlosen Zeitgeist, ein kosmischer Doom-Bar- Jazz-Ambient-Komacore. Wie man sich das vorstellen könnte? Vielleicht wie Sunn O))), die in die Vergangenheit reisen, um mit Popol Vuh deren Filmmusik zu „Nosferatu“ oder „Herz Aus Glas“ neu einzuspielen.