Bob Dylan :: Bootleg Series Vol. 4: Concert At Philharmonie Hall 1964

Atemberaubend: Ein letztes Mal spielte Dylan seine Rolle als Folksänger den Kopf voller Träume, im Herzen den Rock'n'Roll.

Und es begab sich am Abend des 31. Oktober 1964, zu Halloween also, dass sich ein 23-jähriger Mann mit wirrem Haarschopf seine Gitarre, seine Harmonika und seine Freundin schnappte und im New Yorker Lincoln Center ein Konzert spielte. Bob Dylan hatte eben das Album „Another Side Of Bob Dylan“ veröffentlicht, das bei flüchtigem Hinhören immer noch so tat, als sei es Folk. In Wahrheit war der Meister jener Puristen-Zirkel, denen er ohnehin stets mit Sarkasmus begegnet war, damit endgültig entfremdet. Der Kerl hatte Grofies im Sinn, und der erste Wendepunkt, die erste tiefe Zäsur seiner Karriere war nicht der 22. März 1965. der Tag, an dem sein bahnbrechendes Werk „Bringing It All Back Home“ erschien. Es war nicht der 25. Juli 1965. als er beim Newport Festival erstmals mit einer Rockband auftrat. Und es war auch nicht die berüchtigte ’66er Tour, wo sie ihn auspfiffen und „Judas“ schimpften. Nein, es war jener 31. Oktober 1964, als er bekifft mit dem Publikum scherzte und seine Songs sang und auf der Gitarre auch mal daneben griff und die Harmonika blies, als ginge es ums Leben. „Seine Lieder“, schrieb der Dylan-Analyst Paul Williams über diesen legendären Auftritt nehmen Gestalt an, als matte er sie vor einem in die Lufl. “ Er trage, witzelt der Künstler an einer Stelle, seine Bob-Dylan-Maske. Wirklich nur ein Scherz? Mit Joan Baez singt er ein herrlich konfuses „Mama, You’ve Been On My Mind“ und das bittere „With God On Our Side“. dazwischen lässt er seiner Liebsten den Solospot „Silver Dagger“. Eine Reminiszenz an alte Zeiten?“.The times they are a-changin'“, verkündet er im ersten Song des Abends. Und wie: Die Zukunft zeichnet sich in der schillernden Grandezza von „Gates Of Eden“ ab, in der poetischen Paranoia „Mr. Tambourine Man“, in deraufreizenden Lässigkeit von „It’s Alright Ma“, in der unbändigen Energie von „Qon’t Think Twice“. tue bootleg series vol. 6 – natürlich wieder spektakulär aufgemacht – bietet auf zwei CDs den kompletten Auftritt und lässt uns teilhaben an der Wiedergeburt Dylans als elektrischer Reiter. An der nächsten Ecke wartet der Rock’n’Roll -„with one hand woving free“.