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„Black Panther“-Kritik: Was für ein wunderbares Chaos


Man spürt förmlich, dass „Black Panther“ ursprünglich ein todernster Film werden sollte. Zum Glück kommen gepanzerte Nashörner und trampeln diese Idee nieder.

Es dauert fast eine volle Stunde, dann erst wird „Black Panther“ der Film, der er eigentlich sein möchte. Andy Serkis, der in einer Nebenrolle den Superschurken Klaw spielt, trifft sich in einer südkoranischen Bar mit einem CIA-Mann (Martin Freeman). Klaw hat ein Stück des wertvollen Metalls Vibranium zu verkaufen und bricht mit seinem zuvor eigentlich todernst angelegten Charakter: Das Metall hat er in seiner Unterwäsche geschmuggelt, Klaw quatscht plötzlich nur noch lustigen Müll und jauchzt vor Freude, als anschließend ein Kampf und eine Verfolgungsjagd beginnt – bei der er den Fluchtwagenfahrer dazu auffordert, bitte ordentliche Musik aufzudrehen. „Wir sind hier schließlich nicht bei einer Beerdigung“.

Andy Serkis und Martin Freeman.

Ryan Cooglers Ambitionen, einen aufregenden Action-Blockbuster zu drehen, waren bis zu dieser Sequenz allerdings tatsächlich auf dem Weg, von einer zu Ernst genommenen, gleichzeitig hanebüchenen Story und unfreiwillig rassistischen Momenten beerdigt zu werden. Coogler wurde zum Indie-Genie ausgerufen als er „Nächster Halt: Fruitvale Station“ drehte. 2013 rekonstruierte er in dem Drama die unrechtmäßige Tötung des schwarzen Mittzwanzigers Oscar Grant durch Polizisten in Oakland. Coogler wurde in die Phalanx einer neuen Generation junger, schwarzer Regisseure berufen und darf nun den ersten dunkelhäutigen Marvel-Superhelden auf die Leinwand bringen.

Der „Black Panther“-Soundtrack mit Kendrick Lamar macht richtig Lust auf den Film
Coogler ist sichtlich überfordert mit dem Budget, den Effekten und dem Filmuniversum, das im April mit „Avengers: Infinity War“ sämtliche Kassenrekorde brechen wird. Vorher wollen Disney und Marvel noch eine neue Zielgruppe ins Boot holen und zelebrieren eben den ersten schwarzen Superhelden, der das fiktive und extrem reiche sowie technologisch fortgeschrittene Land Wakanda in Afrika regiert. Alles, was im von der Welt verborgenen Wakanda geschieht, ist purer Science-Fiction-Blödsinn (Raumschiffe, Hologramm-Autos, Laserwaffen), den Coogler zu Beginn glaubhaft machen möchte. So verliert er sich zuweilen in langen Erklärungen für technologische Wunder und geht danach in vermeintliche afkrikanische Stammesrituale über, in denen sich Hauptdarsteller Chadwick Boseman zum König prügeln muss. Besonders unangenehm fallen in solchen Momenten die misslungenen afrikanischen Dialekte auf, die die US-Darsteller hier imitieren wollen.

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Doch dann kommt diese irre Sequenz in Südkorea, dann zieht Serkis ein Stück Metall aus seinem Schritt. Dann dreht Coogler erstmals den Kendrick-Lamar-Soundtrack und alles andere auf, was man so aufdrehen kann. „Black Panther“ verabschiedet sich dann von dem Versuch, ein Nonsense-Land sinnvoll zu erklären. Stattdessen haben alle Darsteller plötzlich sicht- und spürbar Spaß mit der Spielzeugkiste, in der sie sich befinden. Dann werden die vielen Millionen, die Disney in dieses Projekt gesteckt hat, einfach für coole Sets und irre Action rausgeworfen. Egal, ob dabei ein konsistenter Blockbuster entsteht oder nicht.

Ernste Politik in lustigen Kostümen

Der Black Panther ist der König von Wakanda.

Regisseur Coogler scheint sich schlichtweg nicht für das große Ganze seines Films zu interessieren. Lieber wirft er hier und da mal einen erzählerischen Kniff ein, zum Beispiel wenn Michael B. Jordan als Schurke Killmonger im letzten Drittel urplötzlich eine dem Helden ebenbürtige Origin-Story und Motivation erhält. Oder wenn Coogler seine in dämlichen Kostümen vor Green-Screen rumlaufenden Figuren plötzlich darüber streiten lässt, ob das reiche Land in Afrika nun zukünftig Flüchtlinge aufnehmen soll oder nicht.

„Black Panther“ darf sich durch solche Einzelszenen, in denen tatsächlich aktuelle Weltpolitik aufgegriffen wird, als der politischste und engagierteste aller Marvel-Filme (immerhin seit 2008) verstehen. Doch was sind solche Gedanken über den nationalen Egoismus einen reichen Landes (Wakanda ist in diesen Momenten natürlich die USA) wert, wenn derjenige, der sie ausgesprochen hat, wenigen Minuten in einem Pantherkostüm gegen ein gepanzertes Nashorn kämpft?

Dieser zum Finale immer mehr aus dem Ruder laufende Anti-Film macht glücklich, wirklich. Weil er eben keine glattgebügelte Disney-Produktion ist, hier wird immerhin sogar gestorben und geblutet. Hier wird geflucht und ernsthaft darüber spekuliert, ob es denn wirklich so eine schlechte Idee ist, wenn man alle unterdrückten Schwarzen dieser Welt jetzt plötzlich mit Superwaffen ausstatten würde. Die Pseudo-Politik in „Black Panther“ ist herrlich zynisch, man wird das Gefühl nicht los, dass hier irgendjemand tatsächlich mal einen ernsthaften Film drehen wollte. Zum Glück hat das nicht geklappt.

„Black Panther“ startet am 15. Februar 2018 bundesweit in den Kinos.

Disney/Marvel
Disney/Marvel