Billy Talent – Billy Talent II :: VÖ: 23.6.

Punkrock aus Nordamerika in den 00er Jahren oder das, was man dafür halten soll, geht vor allem so: Da wird mit ungeheurem Fleiß und irrer Präzision produziert, trainiert, poliert, daß einem vor der heimischen Boxenwand schon mal die Spucke weg bleibt. Da wird die blanke Verzweiflung bei höchster Testosteroneinspritzung in theatralische Vokal-ausbrüche und majestätische bis kitschig-dramatische Chöre gegossen, daß einem ganz anders wird – Angst und Bang nämlich. Da wachsen aus der Wut von kompletten und vor allem komplett entfesselten Büffelherden Gitarrenchords aus musikgewordenem Stahl. Nur leider beschränken sich konservativ geschätzte 90 Prozent dieser Armee aus Bermudabehosten und Panoramatätowierten auf die Materialschlacht als solche – und galoppieren alsbald ins nächste schlimme Klischee oder scheitern an der vergleichsweise einfachen Aufgabe, aus drei, vier Akkorden und ein oder zwei Bad-Religion-, Fugazi- und/oderShudder-To-Think-Zitaten eine wenigstens hobbykellertaugliche Hymne zu fertigen. Der zugegebenermaßen zu kleine Rest dieser Kritik soll nun aber für den Einwand freigeräumt werden, daß Billy Talent, dieses junge, aber bereits unanständig erfolgreiche Quartett aus Toronto, auf jeden Fall zu den zehn Prozent gehört, die taugen. Dazu, ihren Sound, ihre Spielkunst nicht als Schild vor sich herzuhalten, sondern in dem hehren Versuch, echte Songs zu komponieren, die mit den genreüblichen Arrangements und mancher Artistikeinlage erstmal klar kommen müssen, eine ordentliche Fallhöhe erreichen. Meint: Die wagen was, versuchen was. Interessanterweise wird ein guter Teil ihrer Stücke von fast schon folkloristischen Harmonie- und Melodielehren (siehe hier eben auch Bad Religion und System Of A Down; aber eben auch gar nicht so weit enfernt: Bands wie New Model Armyl dominiert, ansonsten werben Billy Talent vor allem weiterhin um eine nachträglichen Patenschaft von At The Drive-In. Machen wir es kurz: Wenn es doller Rock mit ganz dollen Emotionen – am besten Verzweiflung und Euphorie gleichzeitig – sein soll, dann bitte von Billy Talent!

www.billytalent.com