Arctic Monkeys :: Suck It And See
Viel Fassade und nichts dahinter. Die Arctic Monkeys sind mit ihrem vierten Album zu einer Ami-Riff-Rock-Band geworden.
Zugegeben, wir hatten bei der Besprechung des Arctic-Monkeys-Debütalbums Whatever People Say I Am, That’s What I’m Not vor fünf Jahren schon eine gewisse Tendenz dieser Band aus Sheffield zum Schweine-Rock erkannt. Das Album enthalte “ … ein paar manische, hüpfende (Funk-)Bass-getriebene Rocker (…) inklusive Siebzigerjahre-Schweine-Gitarrensoli, die in grellen Farben die baldige Wiederkunft des Rock-Rock-Teufels an die Wand malen“, stand es geschrieben. Damals anlässlich der Veröffentlichung des Debüts der Arctic Monkeys, das zur „Platte des Monats“ in diesem Magazin gewählt worden war. Nur hatten wir natürlich insgeheim gehofft, dass es zu der Wiederkunft nie kommen würde angesichts dieses euphorisierenden Debütalbums. Und wenn der Schweinerock schon von den Arctic Monkeys Besitz ergreifen würde, hatten wir gemutmaßt, dann würde er ja sicherlich mit einem Subtext versehen sein, vielleicht eine leichte Tendenz ins Ironisierende aufweisen. Aber man hätte es ahnen müssen, dass es die Arctic Monkeys auch irgendwann erwischen würde, dass sie wie so viele britische Bands irgendwann einmal der Sehnsucht verfallen, eine amerikanische R-O-C-K-Band sein zu wollen. Aber von Anfang an.
Brick By Brick heißt ein Album von Iggy Pop aus dem Jahr 1990, zusammen mit der 1988er-Platte Instinct markiert es den kreativen Tiefpunkt der „Punk-Ikone“. Iggy Pop als einer, der komplett den Faden verloren hat, lediglich eine leere Hülle ist, Punk als nur noch muskulös und laut versteht, etwas, das mit geschwollenem Schwanz zu interpretieren ist und damit irgendwie zu dem geworden war, was er zwei Jahrzehnte vorher noch voller Verachtung abgelehnt hatte.
Mit „Brick By Brick“, Song Nummer drei auf Suck It And See, dem schön dämlich betitelten Album Nummer vier der Arctic Monkeys, beginnt der kreative Verfall dieser einstmals begnadeten Band. Es ist ein saudummes Stück Ami-Riff-Rock mit Textstellen wie „I wanna rock and roll“ und einem Gitarrensolo wie vom Steve Jones der Los-Angeles-Phase gespielt. So was möchte man von einer Band wie den Arctic Monkeys niemals hören. Niemals. Humbug, das großartige dritte Arctic-Monkeys-Album von 2009, hatte die Hoffnung geweckt, es wäre doch möglich, dass eine der Bands der „Class of 2005“ eine gewisse Konstanz in ihrem Schaffen bewahren könnte. Aber so lustlos wie auf Suck It And See hat man Alex Turner noch nie erleben müssen. Die Songs werden mit unbegründeter Härte und giftiger Gitarre an die Wand gefahren. They wanna rock and roll. Die wenigen Stücke (es geht gut los mit „She’s Thunderstorms“ und „Black Treacle“) wie „Reckless Serenade“, die vermeintlich auf Arctic-Monkeys-Tugenden zurückgreifen – Brit-Pop-Rock mit einem Schuss Soul und schäbiger Funkyness versehen, Songs, die an der Kreuzung garantiert in die falsche Richtung aufbrechen – erweisen sich unter Kenntnis des ganzen Albums auch nur als Fassade mit nichts dahinter.
Artverwandtes: Mountain Twin Peaks (1974) Foo Fighters Wasting Light (2011)
Story S. 40
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