Antifolk von Martin Busser

‚Antifolk‘, sagt Songwriter und Szene-Pionier Lach, ist für Folk das, was Punk für Rock gewesen ist. “ Da fangen die Probleme an: Was war denn Punk „für“ Rock oder umgekehrt (oder gegen, mit, ohne, statt… die Liste läßt sich beliebig erweitern)? Vielleicht sind Abgrenzungen dieser Art generell Unfug, weil sich schon die im Untertitel angeführten „Ecksteine Beck und Adam Green“ mühelos in sieben bis zehn „Genres“ einreihen lassen; aber na ja – der Begriff ist nun mal in der Welt. Um ihn zu definieren, unternimmt Konkret-Autor Martin Büsser nicht nur einen Streifzug durch die Szene von heute Idie mit Lachs „Open Mic“-Abenden im New Yorker „Side Walk“ weniger begann als kulminierte], sondern gräbt auch nach Wurzeln, die in die 60er und bis in die 4Der Jahre zurückreichen. Er stößt (den Leser) auf Randgestalten der Popgeschichte wie die Godz, Fugs, Shaggs, Jonathan Richman und Daniel Johnston, zieht [fragwürdige] Querverbindungen bis ins Berlin der frühen 80er (und letztlich überhaupt überall hin, wo man nicht gerade Boygroups zusammenschraubt oder großindustriell das Stadion rockt), widmet sich aktuellen Auswüchsen in den Mainstream [incl. Adam-Green-Interview], spürt dem Geist der akustischen Do-It-Yourself-Musik nach. Daß Büssers Herz bekanntermaßen für die dunklen Seitengassen der Popautobahn schlägt, die er mit Lupe und Theorieapparat bis in die Ecken erkundet, ist ein großer Vorteil des Buchs. Das Fazit indes, es gebe „zwar kein Außerhalb der Gesellschaft, vielleicht aber ein Außerhalb der Macht“ ist ein rosablaues Auge zuviel. Letztlich bleibt als Unterschied zum „echten“ Folk nur die diffuse Abwendung von Sinn, Ziel und Slogan, die Konzentration auf das eigene Befinden – der Rest ist Punk, möchte man meinen. Oder nichts und alles, womit der Buchtitel ad absurdum geführt und das Erklärungsgebäude eingestürzt wäre. Was das Buch trotz Flüchtigkeit und Hast der Fertigstellung Idie zu sachlichen Fehlern, Auslassungen und sprachlichem Gestolper führtel nicht weniger lesenswert macht.

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