Anneli Drecker
Revelation For Personal Use
Rune Grammofon/Cargo (VÖ: 19.5.)
Kitsch übers Wetter: Diese Schönklang-Musik geht mit zu vielen Kate-Bush-Schlenkern baden.
Acht von zehn Probanden schenkten beim Hören des Liedes „Raindrops“ der falschen Information glauben, es handele sich hierbei um ein gemeinsames Projekt von Kate Bush und Coldplay. Die Stimme! Und dazu diese Tribal-Trommel-Emotionen! Wir hören hier jedoch Anneli Drecker, die in den Achtziger- und Neunzigerjahren die Stimme von Bel Canto war, einem norwegischen Dreampop-Duo, das zwischen Depeche Mode und Dead Can Dance pendelte. Wer damals keine Platte der Cocteau Twins abgekommen hatte, griff zu Bel Canto. Später arbeitete Anneli Drecker als gut gebuchte Gastsängerin für Röyskopp oder a-ha, seit 2015 fokussiert sie sich auf Solosachen.
Ihre Stimme ist weiterhin wunderbar, auch wenn sie ihren Hang zum Kate-Bush-Schlenker bremsen sollte. Was jedoch stört, ist die Schlichtheit dieser Ästhetik. Fast alle Lieder handeln von Wettererscheinungen: Schnee, Regen, Sonnenstrahlen, Himmelsbläue. Ein philosophischer Überbau wie bei Kate Bush fehlt, Streicher und Trommler versuchen diese Leerstelle meist nur erfolglos zu kitten.