Andreas Dorau
IM GEBÜSCH
Tapete/Indigo (VÖ: 19.1.)
Altersmilder Indie-Techno, der gelassen das Leben feiert.
60 ist das neue 20. So könnte das neue Album von Andreas Dorau auch heißen, denn es hält die Zeit an, ummantelt herzerwärmende, ewig gültige Texte und Sounds mit einer Decke aus Humor und Freiheitswillen. Genau an Doraus 60. Geburtstag wird es erscheinen, nach eigenen Angaben hat er dieses Datum bewusst gewählt, um den Ehrentag durch Arbeit und Ablenkung zu überhüpfen.
AmazonSeine Anfänge als Posterboy der NDW sind mittlerweile im Nebel der Vergangenheit verschwunden, denn Doraus Werk der letzten 30 Jahre überschrieb die Versuche der Anfangsjahre zum Glück. Mit ungebrochenem Forschergeist surfte er stets souverän verschiedene musikalische Modewellen, und blieb doch jedes Mal ein Geschichtenerzähler, der sich minimalistischer Mittel bedient, um Klarheit in seine textlichen Anliegen zu bringen.
Immer reicht ein Satz, ein Soundzitat, um Welten und Abgründe sichtbar zu machen
Einigermaßen Pet-Shop-boyig kommen die 13 Stücke auf IM GEBÜSCH daher, sie zeigen, wo die 90er den Most holten. Hilfe kam dabei vom Produzenten, Musiker und Komponisten Zwanie Johnson, der in der Vergangenheit als Solokünstler selbst schon Großes vorgelegt hat. Die 13 Stücke, wie etwas das tolle „Es ist nur Musik“, entstanden teils in Kooperation mit befreundeten Künstlern (Brezel Göring, Wolfgang Müller, Carsten Friedrichs u.a.).
Immer reicht ein Satz, ein Soundzitat, um Welten und Abgründe sichtbar zu machen. Offensichtliche Bösartigkeiten sucht man vergebens, und doch evoziert gerade Doraus Rumpelstilzchen-Gesang beim Hörer stabile Wut auf Verhältnisse und Ungerechtigkeiten. Altersmilde ja, aber getanzt mit einem kühlen Bier in der Hand.