Regisseur Carl Schenkel


Nach seinem Überraschungserfolg „Abwärts“ schienen für Carl Schenkel die Weichen gestellt. Doch jahrelang kam nichts mehr. Anläßlich der Premiere seines neuen Streifens „Zwei Frauen“ fragte ihn ME/ Sounds nach den Gründen der Leinwand-Abstinenz.

Schenkel: „Nach ,Abwärts‘ war ich schlicht und einfach arbeitslos. Kein Angebot, nichts. Bis zum berühmten Anruf aus Hollywood.“

Wer rief an?

„Ein Produzent von HBO, der Regisseure für die Serie ,The Hitchhiker‘ suchte. Ich bin dann rüber und hab vier Folgen gedreht. Ich hab mit Willem Dafoe und Ornella Muti gedreht. Danach ging’s weiter, logischerweise.“

War das denn so logisch?

„Ich habe Glück gehabt, gute Einschaltquoten und Preise bekommen. Da existiert natürlich eine Industrie. Die brauchen Ware. Die suchen immer Regisseure. Nach HBO habe ich ein ,Movie Of The Week‘ für NBC gedreht und ,The Mighty Quinn‘, einen Spielfilm für MGM.“

Vertrauen die Amerikaner einem Newcomer so einfach und selbstverständlich einen Film an?

„Du bist ein Exot erstmal, und seit Wenders drüben war, gelten Deutsche als ,Kunst‘. Aber die akzeptieren, wenn jemand handwerklich was abliefert, auch wenn’s nicht gleich ein Riesenerfolg wird.

Wobei Geld natürlich alles ist, was drüben zählt. ,The Mighty Quinn‘ hat immerhin fast neun Millionen Dollar gekostet.“

Der Deutschland-Start ist gerade verschoben worden.

„Dem Verleih hier ist der Film zu klein. Das Problem ist, es sind schwarze Hauptdarsteller. Und einen schwarzen Film in Amerika kannst du nicht verkaufen. Das ist mir erst klar geworden, als wir einen Preview hatten in New York und es wegen einer Kußszene zwischen Denzel Washington und Mimi Rogers zu krawallartigen Ausschreitungen kam.“

„Zwei Frauen“, gedreht in München, sieht erstaunlicherweise aus wie ein amerikanischer Film.

„Es gibt Filme, die sehen international aus. Da kann man nicht sagen, das ist ein deutscher Film. Mich hat immer gestört, wie dilettantisch deutsche Filme aussehen.“

Warum sehen Filme aus Deutschland denn anders aus?

„Das ist eine Frage der Einstelg. Hier darf jeder, der einigermaßen ein Treatment schreiben kann, Regie führen. Da fragt keiner, ob er die Qualifikation dazu hat. Wenn du einen bestimmten Kameramann möchtest, kann die Filmförderung sagen, wir glauben nicht, daß der das kann. Aber Regisseur kann jeder sein! In Amerika wirst du nie einen Job als Regisseur kriegen, wenn du nicht beweisen kannst, daß du das kannst. Der Anfang ist immer schwer.“

Wo war der Anfang bei Ihnen?

„Als ich 24 war, hab ich mir vorgenommen, das Handwerk zu lernen. Mit 30 wollte ich meinen ersten Film machen. Mit 32 hab ich’s geschafft („Kalt wie Eis“). Ich hab angefangen bei Wolfgang Staudte. Ich hab einfach gefragt, ob ich zum Drehen kommen kann. Dann bin ich frühmorgens hin, hab jedem Löcher in den Bauch gefragt. Eines Tages ist das Scriptgirl krank geworden, da haben die gesagt: ,Der steht eh die ganze Zeit rum, der weiß das mittlerweile.‘ Ich hab fast jeden Job gemacht, irgendwann.“