Rainbirds


Der Tourstart fand in der tiefsten nordrhein-westfälischen Provinz statt – Beckmanns Heimat, die er vor neun Jahren fluchtartig verlassen hatte. Doch die Sauerländer erwiesen sich ausnahmsweise nicht als Sauertöpfe und empfingen ihren verlorenen Sohn geradezu enthusiastisch. Schließlich hat es einer von ihnen geschafft.

Die Rainbirds sind, wie schon das zweite Album CALL ME EASY bewies, besser drauf als je zuvor. So ist die neuerliche Begegnung mit dem Publikum kein Grund zur Nervosität. Und wenn da doch eine Spur von Lampenfieber gewesen sein sollte, so war sie schnell abgeschüttelt. Keine langen Vorreden, Trommler Wolfgang Glum gibt Vier vor – und ab geht die Post, erst einmal ohne Verschnaufpause und mit Vollgas durch fünf Tempo-Nummern. „Boy On The Beach“ zum Einstieg macht gleich deutlich, wie eng die Musiker zusammengerückt sind und wie positiv sich Keyboarderin Ulrike Haage ins Klang- und Erscheinungsbild eingeführt hat. Tighter klingt das alles. Trotzdem lockerer. Und auch selbstverständlicher. Die Songs vom ersten und vom zweiten Album wirken bei aller Unterschiedlichkeit wie aus einem Guß. Das Profil, die Persönlichkeit einer echten Band. „Moon“ vom aktuellen Album schafft gleich Atmosphäre. Eine wunderschöne Lichtregie unterstreicht die Inhalte der einzelnen Titel. Nachdem sich die Zuschauer erst einmal ausgetobt haben, müssen sie sich im Mittelteil auf sanz andere Klänge und

Erlebnisse einstellen. Die Rainbirds verlangen ihren Fans auch etwas ab. „White City“ markiert einen ersten, ruhigen Höhepunkt. Bewundernswert, wie konsequent und selbstverständlich man die individualistische Linie des Albums auch live durchhält; selbst das Zwei-Finger-Piano-Solo in Satie’scher Manier wird nicht ausgelassen. Ulrike und Beckmann am Baß zelebrieren geradezu das Tom Waits-Instrumental „Rainbirds“, das der Gruppe ihren Namen gab. Und „Better Than Before“ mit seiner Weill- und Eisler-Nähe, gleich darauf vorgetragen, macht besonderen Sinn. Die anspruchsvolle Seite einer ohnehin nicht banalen Popband, die es sich sogar erlauben kann, zehnminütige Singles, über A- und B-Seite gestreckt, zu veröffentlichen.

„Sea Of Time“ macht den emotionalen Ansatz von Katharina Franck besonders deutlich. Die Botschaft lautet: „Aufrecht gehen, an sich selbst glauben.“ Die Rainbirds leben das vor. Da sind – wenn auch verschiedene – Typen auf der Bühne. Der optisch auffälligste neben Beckmann ist Gitarrist Rodrigo Gonzales, der sich mit seinen Gitarren auslebt, sie streichelt, schlägt, sein Spiel für alle sichtbar macht.

Das Finale wird in Schritten eingeläutet. Die Band zieht das Tempo wieder an, drosselt nochmal für „We Make Love“ und läßt es dann grooven und moven: Bei „Blueprint“ gibt es dann kein Halten mehr.Der 88er Hit kommt frisch und unverkrampft. Eine Band entdeckt ihr altes Repertoire neu.

Mit dem geradezu souligen „In Love And Alright“ setzen die Rainbirds den Schlußpunkt, spielen das Stück exzessiv aus und hinterlassen ein überwältigtes Publikum, das längst noch nicht satt ist und gegen die Musik aus der PA anschreit, um die Band noch ein weiteres Mal auf die Bühne zu holen.

Ein einziges Mal bekommt Katharina ihre Grenzen aufgezeigt: Ein derart aufgeheiztes Publikum läßt sich nicht dazu bewegen, brav und lieb den Albumtitel „Call Me Easy Say I’m Strong Love Me My Way It Ain’t Wrong“ mitzusingen. Wäre da nicht das Feuerwerk gewesen, mit dem man die Zuschauer vor die Halle lockte, hätte man die Rainbirds so nicht von der Bühne gehen lassen.