Rainbirds


Sie flogen zwar länger als einen Sommer, aber die demonstrative Harmonie war wohl doch eine brüchige Fassade: Mitte Mai stürzten die Rainbirds ab. Nachdem Katharina Franck im letzten Heft die Trennung bekanntgab, schildert nun Baßmann Beckmann, warum man sich in de Federn geriet. ME/Sounds-Mitarbeiter Markus Heidemanns sprach mit ihm.

Warum trennt sich eine Band, die in Deutschland sensationelle Erfolge feierte und der eine internationale Karriere prophezeit wurde?

„Wir hatten Probleme untereinander. Katja mit uns. Wir mit Katja. Tagsüber sind wir uns aus dem Weg gegangen und abends sollten wir zusammen auf der Bühne stehen. Das ging am Ende einfach nicht mehr. Früher waren wir oft den ganzen Tag zusammen und es gab keine Probleme. Es gab Zeiten, da haben wir uns auch privat gut verstanden.“

Wann und wo ist es denn zum großen Bruch gekommen?

„Im Laufe der Tournee durch Deutschland und England hat sich die Arbeitssituation verändert. Auch die Gruppenharmonie war nicht mehr da, seit wir mit Ulrike eine neue Keyboarderin haben. Hier waren die beiden Frauen, auf der anderen Seite die drei Männer.

Die Situation hat sich dann in London auf der England-Tournee zugespitzt. Ich hab daraufhin mit George, unserem Manager, gesprochen. Der hat versucht zu vermitteln, aber das lief nicht mehr. Im Gegenteil: Das klärende Gespräch ergab dann den großen Knall. Als ich dann nach dem England-Trip nochmals bei George anrief, hatte der schon ein Schreiben von Katja auf dem Tisch. Sie wollte auch nicht mehr mit uns.“

Katja und du waren die musikalischen Kopie der Rainbirds. Wo liegen Eure unterschiedlichen Vorstellungen?

„Vor allem bei den musikalischen Sachen, die Katja anders sieht als ich. Unsere Konzeption ging immer weiter auseinander. Ich bin ein lebensfroher Mensch. Möchte bei den Konzerten mehr Kontakt zum Publikum haben. Ein Auftritt muß immer eine Party, ein großer Spaß sein. Katja ist eher ein leiser Typ. Sie will, daß die Leute zuhören. Sie drückt das auch in ihren Texten aus. Am Ende steht fast immer eine Enttäuschung.“

Die Gründe müssen doch tiefer liegen. Hinter vorgehaltener Hand wird etwas über einen Nervenzusammenbruch von Katharina gemunkelt.

„Alles, was ich dazu sagen würde, wäre Tratsch. Das sind filigranere und sehr komplizierte Sachen. Ich habe Katharina zuletzt vor Wochen beim Abschluß-Gig in – London gesehen. Mehr kann ich dazu nicht sasen.“

Hat es dich je gestört, daß Katharina bei den Medien immer mehr in den Mittelpunkt rückte?

„Auf lange Sicht hätte mich das bestimmt gestört. Wir haben anfangs alles gemeinsam gemacht, zuletzt war es immer mehr ihre Band geworden.“

Das betont Katharina ja auch. Sie sagt, daß es sich bei den Rainbirds um eine Gruppe handelt, deren musikalische und textliche Grundlage ihre Songs waren.

„Klar, sie zieht sich jetzt auf ihre Texte und Melodien zurück. Aber was wäre ,Blueprint‘ ohne meine Arrangements. Ich weiß, daß diese Band ohne mich nicht gewesen wäre. Wer hat denn Rodrigo, Wolfgang und Ulrike in die Band geholt? Wer hat denn die ganze Arbeit gemacht‘.‘ Wir haben alle unseren Beitrag geleistet. Jedes einzelne Bandmitglied. Natürlich auch Katja.“

Ist die Trennung nicht eine Kurzschluß-Reaktion? Rauft ihr euch vielleicht doch noch wieder zusammen?

„Ich habe mir die Entscheidung lange überlegt. Rodrigo und ich wollten langfristig sowieso etwas anderes machen. Nicht dieses Jahr, aber vielleicht nach der nächsten LP. Wir hätten dann nach vier Jahren Arbeit eine längere Pause gemacht.“

Was wird aus den Rainbirds? Kann eine Gruppe unter dem gleichen Namen weitermachen, wenn drei von vier Musikern aufhören?

„Katja hat das Namensrecht, sie hat sich damals diesen Namen ausgedacht. Sie wird wohl weiter als Rainbirds auf die Bühne steigen. Mit neuen Musikern.“

Für die Kritiker ward ihr die deutsche Musikhoffnung. Glaubst du noch an die internationale Karriere der Rainbirds?

„Zuletzt habe ich nicht mehr daran geglaubt.“

Zur Zeit scheint bei Euch das komplette Chaos zu herrschen. Jeder hat sich einen Rechtsanwalt genommen, der eure Trennungserklärungen ausarbeitet. Kannst du so einfach aussteigen und Tschüs sagen?

„Chaos ist Quatsch. Es gibt auch gute Meldungen. Das hört sich vielleicht komisch an. Aber für CALL ME EASY bekommen wir demnächst Gold. Am 17. Juni kommt ,Not Exactly‘ als Single raus. Für mich gibt es keine Probleme. Ich hatte nur eine Kündigungsfrist einzuhalten. Ich höre lieber jetzt auf, als zu warten, bis es bergab geht.“

Es gab Zeilen, da hast du als Musiker so wenig verdient, daß du Kohl auf Feldern klauen mußtest. Dann kam die Traumkarriere für den Punk-Musiker aus dem Sauerland. Wie fühlst du dich jetzt nach der Trennung?

„Persönlich bin ich erleichtert. Zuletzt gab es 20 Stunden am Tag nur Rainbirds. Heute kann ich meine Zeit selber einteilen.“

Wie lautet die Quintessenz aus drei Jahren Rainbirds?

„Ich habe unheimlich viel gelernt. Ich war damals ein dummer Junge. Vor drei Jahren waren wir doch irgendeine Berliner Kellerband.“

Was kommt für Baßmann Beckmann nach den Rainbirds?

„Seit der Trennung habe ich schon zwei Platten gemacht. Ich produziere jetzt auch Rocko Schamoni.“

Willst du nur noch im Hintergrund arbeiten?

„Nein, nein, nein. Mit Rodngo und Bela B. Felsenheimer von den ,Ärzten‘ machen wir etwas Neues. Rockiger als die Rainbirds. Etwas Kommerzielles mit deutschen Texten. Nicht so brav. Das geht dann richtig los. Einen Musiker suchen wir noch, aber das Konzept steht. Produziert haben wir auch schon.“

Keine Angst, daß alles, was nach den Rainbirds kommt, nur schlechter werden kann?

„Überhaupt nicht. Immerhin tun sich mit uns einige der erfolgreichsten Musiker in Deutschland zusammen. Ich bin mir absolut sicher, daß ich eine genauso gute und erfolgreiche Band machen werde.“