R. Kelly: So wurde seine 30-jährige Haftstrafe erneut untermauert
Was R. Kellys Anwältin noch sagen kann und wie das gerichtliche Urteil lautet, gibt es hier zu lesen

Der „Second Circuit Court of Appeals“ (in etwa: der zweite Gerichtshof) wies R. Kellys Argumente, dass der „First Circuit“ (in etwa: der erste Gerichtshof) unzulässig war, zurück. Am Mittwoch (12. Februar) wurde die Verurteilung von R. Kelly wegen Erpressung und Sexhandels sowie seine 30-jährige Haftstrafe Medienberichten zufolge bestätigt: R. Kelly nutzte seine Macht über ein Vierteljahrhundert lang aus, um Kinder, Mädchen und junge Frauen, sexuell zu missbrauchen.
Vorab: Die Bezeichnungen der Gerichte bleiben auf Englisch, da das us-amerikanische Rechtssystem nicht mit dem deutschen zu verwechseln ist.
Zur Verteidigung R. Kellys
Der „Second Circuit Court of Appeals“ urteilte nach einer Anhörung der Argumente im März 2024. R. Kelly wurde 2021 vor dem „Brooklyn Federal Court“ (in etwa: der Bundesgerichtshof in Brooklyn) in mehreren Anklagepunkten verurteilt.
Der „Second Circuit Court of Appeals“ wies R. Kellys Argumente laut „Courthouse News Service“ und „ABC NEWS“ zurück. R. Kellys Argumente lauteten: 1) Die Beweise im Prozess seien unzureichend, 2) die Verfassungsmäßigkeit einiger gegen ihn angewandter staatlicher Gesetze sei fragwürdig, 3) vier Geschworene seien ihm gegenüber voreingenommen, 4) der Prozessrichter hätte einige unzulässige Entscheidungen getroffen und 5) eine Anklage wegen Erpressung, die üblicherweise in Fällen des organisierten Verbrechens verwendet wird, sei unzulässig.
Eine von R. Kellys Anwälten war Jennifer Bonjean. Sie sagte laut „ABC NEWS“, das Urteil sei enttäuschend, aber sie werden beim „Supreme Court“ (in etwa: der Oberste Gerichtshof) Berufung einlegen. Sie bezeichnete das Urteil des „Second Circuit Court of Appeals“ als „beispiellos“. Sie statierte, dass das Urteil „den Staatsanwälten einen grenzenlosen Ermessensspielraum bei der Anwendung des Gesetzes zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität gibt. Auch auf Situationen, die absurd weit von der Absicht des Gesetzes entfernt sind. Das Gesetz soll das organisierte Verbrechen bestrafen – nicht das individuelle Verhalten.“
Zum Urteil des „Second Circuit Court of Appeals“
„Ermöglicht durch eine Konstellation an Managern, Assistenten und anderen Mitarbeitern nutzte Kelly über fünfundzwanzig Jahre lang seinen Ruhm aus, um Mädchen und junge Frauen in seine Fänge zu locken“, stellte der „Second Circuit Court of Appeals“ fest, wie unter anderem „ABC NEWS“ berichtet. Außerdem wies er darauf hin, dass Mitglieder seiner Entourage dabei halfen, ihn mit minderjährigen Mädchen bekannt zu machen. „Die Beweise in der Verhandlung zeigten, dass er die Mädchen von Freunden und Familie isolierte, fast jeden Aspekt ihres Lebens kontrollierte und sie verbal, körperlich und sexuell missbrauchte“, heißt es weiter. Es sei „weder willkürlich noch unvernünftig“ gewesen, dass mehrere Anklägerinnen vor Gericht aussagen durften, dass R. Kelly sie ohne ihr Wissen mit Herpes infizierte.
Und: Es war nicht unangemessen, dass sieben Zeuginnen aussagen durften, die minderjährig waren, als R. Kelly sie zu missbrauchen begann. „Keine der Zeuginnenaussagen war aufrührerischer als die angeklagten Taten.“ Außerdem befand der „Second Circuit Court of Appeals“, dass es nicht über die Maßen von Nachteil war, dass der Richter den Geschworenen erlaubte, Videos zu sehen. Die Videos, so das Berufungsgericht, „wurden ordnungsgemäß zugelassen, um die Mittel und Methoden der Vorgehensweise, das Ausmaß der Kontrolle und Dominanz miteingeschlossen, zu zeigen, die R. Kelly über seine Opfer hatte“, so die Angaben laut „Courthouse News Service“.
Was von der Verteidigung übrig blieb
R. Kellys Anwältin zitierte in ihrem Statement auch eine zum Teil abweichende Position eines „Second Circuit“-Richters. Der Richter heißt Richard J. Sullivan und wurde von Donald Trump berufen: Er stimmte dem zu, was er als die „ausgezeichnete Meinung“ der Mehrheit bezeichnete. Was er nicht voll und ganz vertreten konnte, war Medienberichten zufolge, dass einem Opfer ein Entschädigungsgeld für eine lebenslängliche Herpes-Medikamentierung zugesprochen wurde. Hierfür wurde ein Marken-Medikament berechnet und nicht etwa ein Präparat, das keinem Patentschutz mehr unterliegt. „Dies war keine Entschädigung. Es war ein Versuch der Regierung, dass die Staatsanwälte finanzielle Anreize nutzten, um Zeugenaussagen zu beeinflussen.“
Wie kam R. Kelly vor ein Gericht mit öffentlichem Interesse?
R. Kelly verkaufte Millionen Alben. Nachdem in den 1990er Jahren Anschuldigungen über sexuellen Missbrauch öffentlich wurden, wurde er in Chicago 2008 freigesprochen. Ein zweiter Prozess in Chicago im Jahr 2022 endete mit einer Verurteilung. Er wurde für die Herstellung von Aufnahmen, die sexuellen Missbrauch zeigen, verurteilt.
Der Dokumentarfilm „Surviving R. Kelly“ (2019) folgte im Zuge der #MeToo-Bewegung (seit 2017).
Eine Betroffene erzählt:
Über die #MeToo-Bewegung wurde öffentlich bekannt, dass Vergewaltigung und sexueller Missbrauch keine Einzelfälle sind, sondern strukturell bedingt. Wenn man gegen Vergewaltigung und Missbrauch vorgehen mag, sind eben jene Strukturen zu ändern, in denen Machtpositionen ausgenutzt werden können.