Psychedelic Furs – Roxy, Los Angeles
In ihrer schlechtesten Phase ist dies noch immer Musik für intensive Atemübungen. In ihren besten Momenten erweist sie sich jedoch als eindringlich, hypnotisch, ja geradezu halluzinatorisch. Heute abend überwiegen die besten. Ein Mörder-Gig, der Butler (Richard, der Sänger) hat’s gebracht – in Pose, finsteren Blickes; er spielt den Hamlet und kommt rüber als John Lydon-Halbblut bei einem Quaalude/Acid-Gelage. Ein rundherum hallendes Dröhnen von Stimme, eingepackt in einem hübschen Nadelstreiienanzug.
Abgesehen von der Kleidung, gibt es bei den Psychedelic Fürs noch mehr Veränderungen, seitdem sie vor einem Jahr hier im „Whiskey“ aufgetreten waren. Ein Teil der Musik bewegt sich im positiven up beat und außerdem singen die Fürs jetzt von Mädchen! Quälende „Junge-trifft-Mädchen-hängt-in-der-Klemme“-Stücke zwar, aber immerhin ist das schonmal ein Anfang. Und die stecken in Melodien, die aus warmen Gefilden in die Einsamkeit treiben, aus romantischer Pose ins Alberne abdriften. Der Sound ist aufgepumpt wie ein psychedelisches Luftschiff.
Pastellene Lichter, Nebelmaschine, Diaprojektionen im Modern Art-Stil oder in fluoreszierender Psychedelik; auf der ersten Nebelwolke schwebt das ätherische „Into You Like A Train“. Richard Butler engagiert sich von Anfang an: Höhnisch kriecht, springt oder lümmelt er sich über die Bühne. Dann „She’s Mine“, eine Ballade mit Stehgreif-Text und „Baker Street-Saxophon, ein Sound so dichtmaschig wie ein Moskitonetz. Beim up beat von „Mr. Jones“ beginnen die Fürs zu fliegen, und die Menge wiegt sich ein. Butler gebärdet sich derweil wie eine läufige Hündin. Ein Wunder, daß nicht alle Hunde der Nachbarschaft im Roxy auftauchten, um die Lautsprecher abzulecken. Bei „Sister Europe“ flimmert der Text über die Leinwand, so daß wir alle mitsingen können und der Sound erinnert an eine gedopte Surf-Gitarre. Frühe Velvet Underground klingen bei „Imitation Of Christ“ mit. Dann ein rhythmisches, wenn auch etwas schlampig heruntergespieltes „India“, noch ein paar andere Nummern, die genauso an meinen Ohren vorbeidriften, noch mehr Nebel und „We Love You“. Die Musiker sammelten sich in kumpelhafter Manier am Bühnenrand zum einschmeichelnden Chorgesang, durch den Butlers Stimme wie ein Fingernagel auf der Tafel hindurchschrillt.
Das Publikum schunkelte noch immer, als die Musik nach zwei Zugaben aufhört. Es war wieder mal so ein Abend… ein kopfbetonter, trotzdem aber sinnlicher Set.