Pssst! Der ME-Informant schreibt mit 2
Auch die stabilsten Kumpelfreundebands geraten sich manchmalin die Haare, das weiß der Informant aus Erfahrung. Aber dass auch die (bis zum rätselhaften Verschwinden ihres Gitarristen Richey Edwards) für geradezu symbiotische Vierheit bekannten Manie Street Preachers laut Bassist Nick Wire einmal, einziges Mal, nahe daran waren, sich zu trennen, das hat ihn doch etwas schockiert – zumal er weiß, dass es wahr ist, weil er selber dabei war an jenem schicksalshaften Abend in Nürnberg, als die erste Deutschlandtournee der Waliser als Headliner ihren Anfang nahm. Keinen sehr hoffnungsfrohen: Das legendäre Komm war nicht ganz voll, Richey Edwards hingegen gut betankt. Nach getaner Arbeit versammelte man sich im Backstage-Bereich, der über eine lange Holztreppe zu erreichen war, die für Richey mit steigendem Wodkaspiegel immer kurvenreicher wurde. Doch war sein Blick noch scharf genug, um die gewaltige Rauchtüte zu erkennen, die der Gitarrist der Vorband gerollt und entzündet hatte und umgehend an den gierig glotzenden Richey weiterreichte. Der nahm einen tiefen Zug, dankte wortlos und verabschiedete sich Richtung Toilette – hatte dabei jedoch offenbar die Treppe vergessen, die er nun mit großem Gepolter hinunterpurzelte. Zum Glück waren keine schweren Verletzungen zu beklagen – abgesehen von solchen im Gruppengefüge, als sich herausstellte, was die Ursache für Richeys Orientierungslosigkeit war. Die Band zog sich zur Grundsatzdiskussion zurück, die entsetzte Stage-Crew überschüttete den großzügigen Support-Gitarristen mit Schimpf: Ob er denn nicht gewusst habe, dass die Manie Street Preachers Drogen jeder Art schon aus ideologischen Gründen vollständig und total ablehnen? Immerhin, die Ernüchterung kam unausweichlich, man versöhnte sich. Aber an den folgenden Tagen blieb Richey der Kontakt mit der Vorband ohne Begleitschutz vorsichtshalber untersagt. Dass sich Nick Wire noch Jahre später, als Richey längst eine „missing person“ war, an den Vorfall erinnerte, beweist, wie wichtig Prinzipien im scheinbar so liederlichen Rockgeschäft sind.