Pop am Rhein von Uwe Husslein
Can, Kraftwerk und Floh de Cologne, Underground-Kino, Polit-Protest und Brinkmann, Punk, Spex und „wilde“ Malerei – ein Streifzug durch Sub-, Gegen- und Kommerzkultur von 1967 bis heute. Das ist das Schöne an Sammelsurien: Sie müssen und sollen nicht den Anspruch erheben, irgend etwas erschöpfend, letztgültig und schlüssig zu begründen, erläutern und erklären, sondern dürfen zeigen, was den Machern halt so in den Sinn kommt und sehenswert erscheint. Die Ausstellung „Pop am Rhein“ in Köln, Teil des gleichnamigen Festivals, das von September 2007 bis Mitte Februar in Köln und Düsseldorf in über 60 Ausstellungen, Filmvorführungen, Konzerten und Vorträgen die Region mit ihrer popkulturellen Geschichte und Gegenwart konfrontierte, ist dafür ein schönes Beispiel und dieses Buch dazu ein ebenso schönes Ergebnis: Da gibt es höchst spannende (allerdings teilweise saumiserabel geschriebene und vor Fehlern nur so wimmelnde) Aufsätze über herausgezupfte Phänomene wie Can, die Underground-Multimedia-Diskothek „Crearncheese“ (eine Art Düsseldorfer Pendant des legendären Münchner „Blow Up“), den enigmatischen Krautrock-Mogul Rolf Ulrich Kaiser, die Geschichte der „Popkomm“, der Zeitschriften „Sounds“ und „Spex“, über Punk, NdW, Reggae und politisches Kino im Rheinland, Charles Wilp, die Künstlergruppe EXIT; andere historische und kulturelle Meilensteine hingegen werden ohne Kommentar schlicht abgebildet – etwa die famosen Plakate der Politrock-Kabarettisten Floh de Cologne, 8oer Popper wie Die Krupps, Family Five und Östro 430, Malereien von Moritz Reichelt (Der Plan), Musik(er)porträts von Philip Lethen und Fotos von Proberäumen. Auch da, wo das Buch zu erforschen beziehungsweise zu erklären versucht (was teilweise gelingt und teilweise grandios bis peinlich scheitelt, naturgemäß), gibt es indes jede Menge zu sehen, Schnappschüsse, Flyer, Titelbilder, Zeitungsausschnitte und vieles andere. Manchmal mag die Auswahl der Illustrationen ein kleines bisschen fragwürdig sein – muss man in einem Buch über die Popszenen am Rhein wirklich Christa „Nico“ Päffgen abbilden, nur weil die Velvet-Underground-Chanteuse (wahrscheinlich) in Köln geboren ist und dort ungefähr ein Jahr gelebt hat? Andererseits kommt man auf solche Gedanken wohl nur, weil man sich beim Blättern und Staunen immer wieder wünscht, das Projekt wäre wesentlich umfangreicher ausgefallen. Das ist neben der „Qualität“ mancher Texte und dem äußerst nachlässigen (oder gar nicht stattgefundenen) Lektorat/Korrektorat das zweite (kleinere) Manko eines ansonsten höchst erfreulichen, spannenden und interessanten Musterbeispiels für das Genre des kulturhistorischen Sammelsuriums.
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