Pink Floyd
Bei der letzten Floyd-Tournee durch Deutschland beherrschten gigantische Show-Effekte die Konzerte (unsere Bilder), spregte die Allmacht des Sounds das Vorstellungsvermögen der Zuhörer. "Die Musik", so war zu lesen, "scheint von deinem Nebenmann, von der Decke, unter deinem Sitz her zu kommen, und manchmal sogar aus deinem eigenen Gehirn." Doch den Kapitänen des Space-Rock reicht das offenbar noch nicht. Wenn die Gerüchte stimmen, die über die neue, schon Anfang Dezember stellenweise ausverkaufte Tournee verbreitet werden, dann kommt's diesmal noch dicker.
„Die Pink Floyd haben durch eine Kombination von Klangeffekten, Rückkopplungen und Halleneffekten die erste vollgütige Science-Fiction Musik hervorgebracht, die es heute gibt“, schrieb vor mehr als einem halben Jahrzehnt ein schlauer Kritiker. Sein wahres Wort hat seitdem nichts an Aktualität eingebüßt: Anfang 1977 sind Roger Waters (32), David Gilmore . (32), Rick Wright (31) und Nick Mason (31) in der Rockmusik noch immer die unbestrittenen Kapitäne des Raumzeitalters. Nach langer Zeit kommt die Band im Januar und Februar wieder einmal nach Deutschland und Österreich; zwischen Dortmund und Wien ist sie mit sage und schreibe hundert Tonnen Marschgepäck unterwegs.
Bei der letzten Floyd-Tournee durch Deutschland beherrschten gigantische Show-Effekte die Konzerte (unsere Bilder), sprengte die Allmacht des Sounds das Vorstellungsvermögen der Zuhörer. „Die Musik“, so war zu lesen, „scheint von deinem Nebenmann, von der Decke, unter deinem Sitz her zu kommen, und manchmal sogar aus deinem eigenen Gehirn.“ Doch den Kapitänen des Space-Rock reicht das offenbar noch nicht. Wenn die Gerüchte stimmen, die über die neue, schon Anfang Dezember stellenweise ausverkaufte Tournee verbreitet werden, dann kommt’s diesmal noch dicker.
Die Kapitäne des Raumzeitalters kehren zurück
Die Pink Floyd, mittlerweile zehn Jahre im Geschäft, waren schon immer das Live-Flaggschiff der weltweiten Rock-Armada, bemüht, monumental Klangbilder im Rahmen tontechnischer Gigantomie zu verwirklichen. Allen, die sich vor vier Jahren von ihrer letzten psychedelischen Deutschland-Tour hatten überrollen lassen, sei gesagt: Ihre „quadrophonischen Sound-Batterien werden sich noch höher türmen, die Lichtkanonen noch gleißender schießen, die optischen Gags noch bizarrer ausfeilen. Nicht umsonst wird die Band ihre fünffache Sattel- , Schlepperladung in nur vier deutschen Hallen montieren – der Aufwand stünde bei täglich wechselnden Auftrittsorten in keinem Verhältnis mehr zum Einspielergebnis.
Elfenbeinturm
Die Pink Floyd können es sich indes auch leisten, in den größten Hallen in Dortmund, Frankfurt, Berlin, und München Doppel-Konzerte anzusetzen; über mangelnde Publikumsresonanz brauchte sich das Quartett ungeachtet aller gegenläufigen musikalischen Modeströmungen nie Gedanken zu machen. Sie können es sich leinten, im selbstgezimmerten Elfenbeinturm seit Jahren konsequente Publicity-Scheu zu kultivieren – es gibt keine Gruppe, ihres Renomees, von der weniger Fotos und sonstige Selbstzeugnisse kursieren. Und nur die wenigsten Popgruppen können das Wagnis auf sich nehmen, ihre Plattencover , so wie die Pink* Floyd, ausschließlich mit hübschen Bildchen zu versehen – auch ohne ausgedruckten Namenszug und handfeste Single-Unterstützung wanderten von ihnen nämlich Abermillionen Longplays über die Ladentheken. So zuletzt geschehen mit „Dark Side Of The Moon“ aus dem Jahre 1973, der erfolgreichsten aller Floyd Veröffentlichungen (über 6 Millionen verkaufte Platten), oder „Wish You Were Here“, der 75er Reverenz an das unvergessene Gündungsgenie Syd Barret, den „Crazy Diamond“. Er schließlich war es gewesen, der zwischen 1966 und 1968 mit elektronischen Phantasiegemälden und spektakulären Show-Effekten „seine“ Pink Floyd aus dem namenlosen Londoner Underground in die Avantgarde-Position zeitgenössischer Rock-Unterhaltung hievte. Er, der Acid-Apostel und einziger Kunsthochschüler in der Riege von Architekturstudenten, kreierte jenes intellektuelle Soundkonzept, von welchem die Pink Floyd auch nach seinem Ausscheiden mit Nachfolger David Gilmore nicht mehr abrücken mochten.
Schrecken und Melancholie
„Ein Gefühl von Schrecken Melancholie durchzieht jeden Song und der beherrschende Eindruck ihrer Musik ist gleichfalls ein Gefühl des Bösen“, schrieb der britische Kritiker Tony Palmer. Verlorenheit und Einsamkeit als Grundmotive der akustischen Pink Floyd-Welt (in beeindruckende Bilder umgesetzt beim zuschauerlosen TV Auftritt im weiten Rund des pompejischen Kolosseums) erschlossen sich stets nur dem sensiblen Hörer in ihrer ganzen Eindringlichkeit.
In solcher Abgeschlossenheit trat auch immer wieder die Zweigleisigkeit der Floyd-Musik hervor, die durch den Gegensatz von „introvertierter Lyrik und lärmender Geräuschcollage gekennzeichnet ist: hart gegeneinander geschnitten auf den beiden Seiten von „AtomHeartMother“, für gewöhnlich aber zum intergalaktischen Endlostrip verschmolzen. Bindeglieder zwischen beiden Polen waren stets eine unerschöpfliche elektronische Trickkiste sowie auf den puren Wiedererkennungseffekt spekulierende konventionelle Harmonieschemata.
Neue LP zur Tournee
Einfachere Strukturen treten auf den beiden letzten Alben der Band wieder stärker auf, im Gegensatz zu den bisweilen E-musikalischen Ambitionen ihrer Produkte aus den frühen siebziger Jahren. Mit der ansatzweisen Rückbesinnung auf das musikalische Konzept der Gründerzeit stutzten die Pink Floyd darüberhinaus ihre bis zur Unendlichkeit ausgespielten Themen auf ein publikumsverträgliches Maß, ohne jedoch ihr wichtigstes Anliegen anzutasten: die melancholische Erkundung des eigenen Seelenzustandes.
Es wird sich in diesen Tagen klären, ob die nächste Langspilplatte der britischen Space-Kapitäne einen weiteren konsequenten Schritt in diese Richtung markiert. Das neue Konzept-Album mit dem Titel „Animals“ wird aus verkaufstechnischen Gründen noch vor der Tournee in die Plattenläden rollen – als Erscheinungstermin nannte der Plattenkonzern EMI den 7. Januar.