Paulas Popwoche: Touch me there in Gelsenkirchen
Über Taylor Swift in Gelsenkirchen, Barbenheimer, das Eurodance-Revival, Kim Petras, TRÄNEN, Wham! und verrückte Live-Momente.
Schön war’s gewesen, die Ruhe mancherorts. Doch gewisse Teile gewisser Städte füllen sich nun wieder, denn die Fusion ist vorbei … Überall in den In-Vierteln laufen Zombies rum, auf der Suche nach ein bisschen Serotonin. Doch während dein verstrahlter Mitbewohner dich volllabert über diese eine ganz besondere Stimmung bei diesem einen Set, was man sich einfach gar nicht vorstellen kann, wenn man nicht dabei war, habe ich mich wieder in die Gefilden des oberflächlichen Wahnsinns namens POP geworfen, denn da war megaviel los.
Updates der Woche: „The Idol“, Barbenheimer und Taylor Swift
Bevor ich mich anderem widmen kann, zunächst noch mal etwas zu meinen Negativobsessionen mit den aktuell größten Pop-Hypes:
Von „The Idol“ (ihr wisst schon, diese Serie von The Weeknd und Sam „Euphoria“ Levinson mit Lily-Rose Depp in der Hauptrolle) gab es jetzt ein Finale. Mit der fünften Folge endete diese Shitshow noch beschissener als man es hätte erahnen können. Eigentlich sollte es mindestens eine Folge mehr geben, aber man war gnädig und machte dann doch den Sack früher zu. Danke! Aber nun zur Auflösung. Ich schreibe hier keine Spoilerwarnung hin, weil ihr das bitte nicht sehen wollt, falls ihr es nicht eh schon habt. Es kommt am Ende raus, dass die junge Frau (Depp) die eigentliche Manipulatorin ist und Tedros (The Weeknd) nicht anders konnte als Leute, insbesondere junge Frauen, auszubeuten, er ist halt ein Genie (warum eigentlich???). Sämtliche Gewalt gegen Frauen, die thematisiert wurde, stellt sich dann auch noch als Lüge raus. Im Netz gehen nun Set-Fotos vom ursprünglich angedachten „The Idol“ rum, als noch Amy Seimetz die Regisseurin sein sollte und es noch nicht von diesen creepy Männern übernommen wurde. Es erinnert eher an die Geschichte von Britney als an diesen cringen Softporno-Quatsch.
Meanwhile wird die Angst vorm „Barbie“-Film und seinen Auswirkungen größer und größer. Aber jetzt gibt es wieder was Lustiges: Barbenheimer. Es ist nämlich so, dass am 21. Juli nicht nur „Barbie“ in die Kinos kommt, sondern auch J. Robert Oppenheimer, der Erfinder der Atombombe. „Oppenheimer“ und „Barbie“ stehen nun also in direkter Konkurrenz und das Internet liefert dazu großartige Memes. Es könnte alles daran wirklich nicht 2023iger sein.
Ach ja, und: Taylor Swift hat weitere Termine zu ihrer Tour hinzugefügt und ist jetzt einfach drei Abende in Folge in GELSENKIRCHEN. Die Vorfreude darüber, sie „Gelsenkirchen“ sagen zu hören, steigt ins Unermessliche. Und man fragt sich natürlich: Wird sie drei Tage in Gelsenkirchen verbringen? Wie wird sie die Zeit dort rumkriegen? Wird sie sich dort verlieben? Wird es irgendwann die Gelsenkirchen-Tapes geben?
Revival der Woche: Eurodance
Es ist kein neues Phänomen, denn schon seit locker zehn Jahren werden hier und da 90s-Eurodance-Songs revivalt (ist das ein Wort?). Seit drei, vier Jahren sind sie aber wirklich überall. Und nun begab es sich, dass ich am vergangenen Wochenende an einem Ort war, wo Popmusik aufgelegt wurde und wie so ein Oberschlurfi immer wieder gedacht hab: Moment mal, das kenne ich und das kenne ich und das kenne ich! Und dann sogar: Mensch, das war doch früher besser! Damit ihr auf dem Laufenden bleibt und euch nicht so dermaßen erschreckt wie ich, hört bitte rein in die wichtigsten aktuellen Revival-Tracks. Gern geschehen.
Nicht schwer zu erkennen und deswegen auch irgendwie geil, hier wurde „Blue (Da Ba Dee)“ von Eiffel 65 gecovert:
Hier hat ATB sogar mitgewirkt an der Verhunzung seines schönen Stücks „9 PM (Till I Come)“:
Auch hier kann ich nur weinen. Immerhin erinnert man mal wieder an Robert Miles (RIP) und sein „Children“:
Haddaways „What Is Love“ wurde zu dem hier gemacht (ich sag nichts):
Für den „Barbie“-Film wurden bereits zwei Klassiker noch mal rausgeholt, erstens der vielleicht beste 90s-Eurodance-Track „Better Off Alone“ von Alice DeeJay (auf dem Soundtrack in Form von „Alone“ von Kim Petras und Nicki Minaj) und zweitens „Barbie Girl“ von Aqua, in einer Version mit Nicki Minaj und Ice Spice:
Album der Woche: Kim Petras – FEED THE BEAST
… apropos 90s-Dance, blonde Frau, Selbstironie und das alles. Die Endgegnerin all dieser Dinge ist wohl Kim Petras. Konsequenter als bei ihr und ihrem neuesten Album FEED THE BEAST wird’s wohl nicht mehr. Ich glaube, kein Album könnte zu diesem Sommer besser passen, weitere mehr oder weniger schlaue Worte von mir gibt es dazu in der Rezension. Neben „Coconuts“ (der eigentlich auch eine Hommage an Aqua sein könnte) ist mein Lieblingstrack dieser hier:
Lied der Woche: TRÄNEN – „Stures dummes Herz“
TRÄNEN sind neu und bestehen aus Gwen Dolyn und Steffen Israel, die man beide schon aus diversen anderen Projekten kennt. Nun veröffentlichten sie nach lange zurückliegenden vagen Andeutungen endlich ihren ersten gemeinsamen Song plus sehr schönem Video. Und wie man sieht und hört, könnte das in Zukunft alles noch sehr geil werden, mit diesem Sound irgendwo zwischen Indie, Neuer Deutscher Welle und Schlager. Ein Album ist auch schon angekündigt, es soll den hervorragenden Namen HAARE EINES HUNDES tragen.
Wir gehen rein:
Freundschaft der Woche: Wham!
Die Netflix-Doku über Wham! ist wirklich das wholesomeste seit langem. Erzählt wird in erster Linie die Geschichte der sehr berührenden, lebenslangen Freundschaft zwischen George Michael und Andrew Ridgeley: Wie sie sich in der Schule kennengelernt haben, Freunde wurden, Musik schrieben, aufnahmen, wie sie erst überall abgelehnt wurden, wie es dann doch klappte, wie George sich seinem Freund gegenüber outete, wie er sich aus Andrews Schatten herauswagte und dann zum Superstar wurde. Und wie Andrew ihn loslassen musste und voller Liebe losließ. Es ist wirklich sehr niedlich alles und noch heute spricht Ridgeley in den höchsten Tönen von Michael. Aus Respekt ihm gegenüber hört man ihn zum Beispiel während der ganzen Doku nur sprechen, man sieht ihn nie wie er heute aussieht, weil sein Freund ja heute auch nicht mehr da ist und das unfair wäre. Aber man hört auch Michael über die gemeinsame Zeit sprechen, Dank alter Interviews. Die Doku fokussiert sich damit auf die kurze Wham!-Zeit und endet demensprechend mit der Auflösung 1986, als die beiden gerade mal 25 Jahre alt waren. Trotzdem wirkt George Michael nicht heilig. Zum Beispiel erzählt er beschämt, wie eitel er damals war und wie sehr er wollte, dass „Last Christmas“ 1984 die Nummer eins in den Charts wird statt der Charity-Single „Do They Know It’s Christmas“. Es kam aber nur auf den zweiten Platz.
Live-Momente der Woche: Wurf-Aktionen, Boygenius und Rina Sawayama
Irgendwie war in letzter Zeit der Wurm drinne beziehungsweise draußen. Mehrere Künstler:innen wurden nämlich im Laufe ihrer Konzerte mit Gegenständen beworfen, so unter anderem Bebe Rexha (Handy), Lil Nas X (Sex-Spielzeug) und Pink (Asche von der Mutter eines Fans). Also ich will wirklich nicht wissen, was als nächstes „kommt“. Adele feuerte jetzt jedenfalls schon mal prophylaktisch „zurück“ und ballerte mit einer T-Shirt-Kanone Shirts ins Publikum.
Außerdem trug es sich zu, dass Boygenius bei ihrem Konzert in Nashville, Tennessee, in Drag aufgetreten sind, natürlich als Protest gegen das Anti-Drag-Gesetz von Gouverneur Bill Lee, und sie sahen bezaubernd aus:
Doch der größte Mittelfinger auf der Bühne ging raus von Rina Sawayama an den nervigsten, überbewertesten Typen unserer Zeit. Natürlich geht es um Matty Healy von The 1975. Und Sawayama ist wirklich sehr wütend. Einerseits wegen seiner dummen rassistischen Aussagen und andererseits weil er Chef des Labels war, das noch Masterings von ihr besitzt.
Vorschlag zur Güte: Nashville wird zur Residenzstadt von Matty Healy und seiner Band, alle die gern Dinge auf eine Bühne werfen, gehen dann bitte dahin.
Was bisher geschah? Hier alle Popkolumnentexte im Überblick.