Paul Young


Glanz und Elend liegen meist nah beieinander. Auch in der Pop-Welt. Auch für Paul Young. Der Shooting Star der letzten Saison – mit seiner LP NO PARLEZ und vier Singles in allen Charts, Teenager-Starschnitt und Kritiker-Favorit zur gleichen Zeit verlor Ende ’83 sein Wertvollstes: die Stimme. Die damals startende Euro-Tournee mußte abgesagt werden; der Arzt verordnete Ruhe; der Sänger wurde stumm. „Ich fühlte mich wie gelähmt“, parliert Paul heute wieder ganz locker, „nur langsam und mit Hilfe einer Gesangslehrerin konnte ich meine Stimme zurückgewinnen. Atemtechnik, StimmbandÜbungen wie ein kleines Kind gehen lernt, so mußte ich wieder sprechen lernen. Deprimierend.“ Die plötzliche Zwangspause hatte auch ihr Gutes. Young machte zwei Wochen Urlaub in Italien und konnte im Gegensatz zu dem üblichen Schnellschnell in aller Ruhe an den Backing Tracks seines zweiten Albums arbeiten.

Viele Änderungen gab es im Young-Lager nicht: Wieder wird Laurie Latham im Produzentensessel sitzen („Er verlangt nicht so unverschämt viel Geld wie die anderen und ist mindestens so gut wie Trevor Horn“), wieder wird die Song-Mischung zu mehr als 50 Prozent aus Coverversionen bestehen („Die Single,I Gonna Tear Your Playhouse Down‘ kenne ich von Ann Peebles, ‚Colouring Book‘ von Dusty Springfleld“).

„Der Hauptunterschied“, so führt Paul Young aus, „ist der, daß wir durch die gemeinsamen Tourneen zu einer richtigen Bund zusammengewachsen sind. Das neue Album, teilweise in Frankreich, teilweise an der englischen Südküste aufgenommen, klingt wesentlich vitaler, rockiger, direkter als NO PARLEZ. Damals habe ich sehr viel Zeit auf die Pre-Production verwendet, diesmal hieß die Parole: Spontaneität.“

Neben einem Pedal Steel-Gitarristen, der für leichte Country-Einf lüsse sorgt, engagierte Paul drei männliche Background-Vokalisten. Im Gespräch sind außerdem Bläser und Streicher sowie die mittlerweile unvermeidbaren Video-Produktionen. „Letztes Jahr hätte ich noch gesagt, daß Videos unwichtig sind; heute habe ich nicht nur Spaß dabei, sondern auch die Einsicht, daß man z. B. in Amerika gar nicht weiterkommt ohne diese Dinger. Die Preise für diese Kurz-Filmchen sind meiner Ansicht nach unverschämt. Videos sind ein Reiche-Leute-Privileg wie Rennwagen, und es ist bedauerlich, daß junge Bands unter dieser Situation leiden müssen.“

Diese Sorgen hat der gute Mann natürlich heute längst nicht mehr. Als nüchterne, attraktive Ausgabe von Joe Cocker stehen dem Sänger mit der Rauhreif-Stimme alle Türen offen. Für sein nächstes 5-Minuten-Lichtspiel konnte er beispielsweise den „Electric Dreams‘-Regisseur Steve Barron gewinnen.