Party like it’s 1991!
Die Rock-Comebacks 2008 legten einen verdächtigen Schwerpunkt auf den Anfang der 90er-Jahre
Schaut man sich Ende 2008 die drei großen „Abräumer“ des Jahre in Sachen Rock an, fühlt man sich zurückversetzt in ein Land vor unserer Zeit. Eine Zeit, lange vor der Indie-Welle, vor dem Internet, vor Britpop und Grunge. 1991 war die Welt noch in Ordnung für die Großunternehmen Metallica, AC/DC und die „jungen Wilden“ Guns N‘ Roses, die mit aktuellen Alben und Tourneen den Rock dominierten. 17 Jahre später scheint ihre Marktposition vollständig erhalten resp. wiederhergestellt. Kein anderes Rockalbum konnte es 2008 an Hype und Verkaufszahlen aufnehmen mit denen der drei Könige von 1991. Die können sich freilich auf eine nostalgische, gewachsene Fanschaft stützen mit einer Kaufkraft und -Willigkeit, von der jüngere Bands heute nur träumen (auf eine solche durften auch die Boygroups Take That und New Kids On The Block zählen, die wiedervereint herumtumten wie zur Abrundung der Früh-9oer-Themenparty).
Die potenziell dickste Reunionwurst 2008 hätte uns, wäre sie vom Teller gerissen worden, noch viel weiter in die Vergangenheit gebeamt – doch sie blieb uns vorenthalten aufgrund von, ausgerechnet: Integrität eines alternden Rockstars! Mit solcher Standhaftigkeit vertrat Robert Plant seine Weigerung, an einer großen Led-Zeppelin-Reunion mitzuwirken, dass seine vereinigungswilligen Kollegen Jimmy Page und John-Paul Jones zuletzt gar drohten, Ersatz zu engagieren (gerüchteweise im Gespräch: u.a. Chris Comell, Jack White und, schluck, Sammy Hagar). Das Verfahren schwebt noch.
Dafür gingen Zeps 70s-Antagonisten Sex Pistols mal wieder auf Geldbeschaffungstour und ließen munkeln, man arbeite an neuen Songs – was sich aber nie erhärtete. Neues Material schlicht für unnötig erklärten Rage Against The Machine, die ihre Reuniontour nach Deutschland brachten – wobei das vage mit „die Welt braucht unsere Botschaft jetzt!“ begründete Unternehmen mangels irgendeines neuen Aspektes doch sehr nach Revoluzzer-Nostalgie-Abzocke miefte.
Die umhudeltste Reunion einer „großen“ Band „in Originalbesetzung!“ kam 2008 aus dem UK und interessierte dann auch nur dort so richtig: Im Rest der Welt hinterließen The Verve mit ihrem wurschtigen Album forth kaum Spuren – da schlugen die als Sensation gehandelten Reunion-Auftritte von My Bloody Valentine international schon höhere Wellen.
Dazu gab’s 2008 neue Alben von Portishead und The Notwist, die man schon fast für tot gehalten hatte. Apropos: Die Stone Temple Pilots zucken wieder in ihrem Grab. Und Pavement sind seit 2008 ebenfalls umwoben von Reunion-Gerüchten. 2009 könnte was passieren … Pünktlich zur großen 1994er-Themenparty! ?