Pankow


Die paar versprengten FDJ-Blauhemden waren mit ihrer Sympathiekundgebung wohl auf der falschen Hochzeit gelandet. Denn hier wurde nicht das Hohelied der internationalen Solidarität gesungen, sondern eins auf „Gefühle, Schweiß und Gellheit“, wie Pankow-Sänger Andre Herzberg verlautbarte. Zum Ausgleich war die Band im nagelneuen Bum-Bum-Puma-Outfit erschienen, und sportlich gingen sie es an, die fünf Jungs aus Ostberlin. Mit ihrer vergleichsweise ruppigen Gitarren-Musik lassen sie keine Zweifel, wo ihre musikalischen Jagdgründe liegen : in einer Zeit, als Rock noch Rock war und keine erklärenden Namens-Additive brauchte. Hoffnungsvoll anachronistisch, geben sich die fünf erst gar keine Mühe, irgendwelche Trends oder Trend-Revivals für sich zu reklamieren. So wurden die beiden Stones-Zitate „Satisfaction“ und „Honky Tonk Woman“ von der eigenartigen Publikums-Mixtur aus Medfen-Schickeria, eingeweihten „Kennern“ und Polit-Ökos mit demselben frenetischen Applaus bedacht wie die minutenlange Feedback-Orgie von Baßmann Jacky Reznicek. Aber Pankow ist keine Nostalgie-Band; die Musiker haben ihre Punk- und Ska-Lektion in den späten 70ern genauso gelernt wie das Funk-Einmaleins der Neuzeit. Nicht zuletzt mit ihren Texten für uns freilich nicht immer so spannend sorgt die ehemalige Begleitband von Veronika Fischer seit 1982 bei unseren Brüdern und Schwestern im Osten für Aufsehen und bei manchen Funktionären für Schweißausbrüche! Ohne Schwanengesänge und sonstige Tiefflüge ins Reich der Poesiealbum-Lyrik singen Pankow unverblümt über die Mißstände ihrer Heimat und das mit so durchschlagendem Erfolg, daß sich dem auch die Vordenker im SED-Olymp nicht verschließen konnten. Relativ problemlos kam die Sache mit der ersten BRD-Tournee ins Rollen, wo sich die Gruppe nicht als DDR-Exoten bestaunen lassen wollte, sondern als ganz normale Rockband. Andre Herzberg: „Klar sind wir ’ne DDR-Band, aber mich stört, wenn die Leute kommen und mal gucken wollen, ob wir auch ’n Schwanz unten dran haben und ’ne Rock ’n‘ Roll-Gitarre spielen können.“ Letzteres weiß man inzwischen.