Panic! At The Disco


Viva Las Vegas! Vier Teenager aus Sin City heben Emo-Rock auf ein neues Level.

Das Leben in Las Vegas kann einsam sein, wenn man sich als Teenager für Yann Tiersen und seinen Soundtrack zu „Die fabelhafte Welt der Amelie“ interessiert. „Wir haben nicht wirklich viele Freunde“, sagt Panic!-At-The-Disco-BassistBrent Wilson backstage in Manchester. „Die Band, meine Freundin das war’s.“ Sänger Brendon Urie nickt und klappt seinen Laptop zu. „Es gibt in Las Vegas auch keine Musikszene, in der man sich gegenseitig unterstützt. Jeder redet den anderen schlecht und außerdem klingen sowieso alle Bands gleich.“ ‚In einem Übungsraum, umgeben von Armeen von „Post-Hardcore-Screamo-Bands mitEmo-Gesang“, wie Brentkopfschüttelnd berichtet, faßten die vier Schüler der katholischen Bishop-Gorman-Highschool 2004 den Beschluß, einen anderen Weg zu gehen. Inspiriert von Queen, den „Eternal Sunshine O f The Spotless Mind“- und “ AmeUe‘-Soundtracks, Thiid Ey e Blind und den Counting Crows erarbeiteten P!ATD ihre ersten Songs.

„Am Anfang haben wir uns Sorgen gemacht, ob esfiir sowas ein Publikum gibt. Aber wir hatten Glück“, meint Brent. Fluch und Segen zugleich war für die Band, daß ihr erster Fan Pete Wentz von Fall Out Boy war. „Wir haben unsere Songs im Forum seiner Websitegepostet. Zwei Tage später hat er uns gemailt. Er kam nach Vegas, hat sich eine Probe angehört und uns unter Vertrag genommen .erzählen sie. „Unsere Musik istnicht wirklich einer Szene zuzuordnen, aber durch dieseVerbindung sind wir doch in einer Schublade gelandet. Wann immer unser Name fällt, verbinden das alle sofort mit Fall Out Boy „, sagt Brent genervt.

Tausende von Fans – von denen viele so fanatisch sind, daß sich Brendon schon morgens verkleiden mußte, um beim Verlassen des Tourbusses nicht von hysterischen Kids in schwarzen Kapuzenpullis umzingelt zu werden – erleben am Abend in der ausverkauften Academy ein phantastisches Konzert, das mit dem oft schablonenhaften Emorock von Bands wie Fall Out Boy und Taking Back Sunday nichts gemein hat. Ob wohl ein paar Bestandteile der komplexen Arrangements des Debüt-Albums noch aus dem iPod zugespielt werden (die Band spart, um sich bald Musiker mieten zu können, die die Cello- und Akkordion-Parts live spielen) , ist die Performance lebendiger als ein zuckergeflashtes Vorschulkind. Manisch wie Hot Hot Heat präsentieren Panic! ihre euphorischen Songs und obwohl die Vier noch nicht viel Erfahrung auf der Bühne haben, kommen auch die anspruchsvollsten Parts bereits weitgehend souverän. Es gibt clevere Verweise zu Queen – ein für die Show geändertes Arrangement von „I Constantly Thank God For Esteban“ zum Beispiel erinnert an „Don’t Stop Me Now“ -, und zwei Coverversionen. Selbst die allerdings zeugen von nichts als der enormen künstlerischen Eigenständigkeit der jungen Band: „Round Here“ von den Counting Crows beginnt nah am Original und entwickelt.sich nach und nach zu einer atemberaubenden Interpretation, und selbst Third Eye Blinds „Slow Motion“ wird, von Brendon allein am Keyboard vorgetragen, zu einer anrührenden Ballade. Es ist schwer, an diesem Abend in Manchester ein Aber zu finden. Selbst die verdammten T-Shirts am Merchandising-Stand sehen gut aus.