„Oh, Janet!“


Jamie Lidell möchte nach dem Album Compass nicht mehr nur Soul oder Elektro machen. Ob es damit zu tun hat, dass er Cee Lo Green für Weihnachtsmusik hielt und New Jack Swing vermisst?

OTIS REDDING

„Security“

Jamie Lidell: Oh, Otis Redding. Wunderschön.

War Redding ein wichtiger Einfluss bei Ihrem vorletzten Album Jim?

Nicht unbedingt. Aber als ich noch in Brighton lebte, mich mit meinen Freunden auf Partys abschoss und wir danach noch bei irgendjemandem rumsaßen, legten wir oft Otis auf.

ALEXANDER SKIP SPENCE

„War In Peace“

Oh, ja. Bitte mehr von dem Kram. Skip Spence.

Sie waren in der Besetzung, als Beck das komplette Album Oar neu eingespielt hat.

Wir haben nur einen Tag gebraucht, es war ein gutes Studio, Feist schaute rein, Wilco waren dabei. Du erkennst übrigens, wenn du genau hinhörst, dass sich Beck bei dem Typen eine Menge geholt hat. Für ihn war das ein Klassiker.

STEVE WINWOOD

„Higher Love“

(trommelt mit) Keine Ahnung. Was ist das?

Steve Winwood. Ich musste bei Multiply und Jim immer ein bisschen an ihn denken. Im Prinzip war das, was er machte, ja vergleichbar. Ein Brite, der sich an genuin amerikanischer Musik versucht. Blue-Eyed Soul.

Ich verstehe, was Sie meinen. Ich habe mich nie mit seiner Musik beschäftigt, aber Sie sind nicht der erste, der damit ankommt. Ich bevorzuge Phil Collins, an den mich Winwood vom Gesang her hier erinnert. Collins hat seine Songs noch stärker ausgeschmückt. Paul Young mochte ich auch immer gern. Was mir bei dabei einfällt: Angeblich gab Van Morrison anfangs keine Interviews, weil er nicht wollte, dass die Leute darüber schreiben, dass er Ire ist.

STEVIE WONDER

„Higher Ground“

Das Lied habe ich ausgesucht, weil es einige Stellen auf Ihrem letzten Album Compass gab, bei denen ich daran denken musste …

Sie meinen „The Ring“? Der sollte eigentlich gar nicht so klingen, das war mal ein Country-Song. Jetzt ist es Funk. Diesen Stevie-Wonder-Shuffle habe ich aber erst spät hinzugefügt. „Higher Ground“ oder auch „Superstition“ sind wahnsinnig prägnant. Es ist bemerkenswert, dass Wonders Karriere so stringent war. Manches ist cheesy. Aber wenn da jemand mosert, denke ich mir: Ach, fickt Euch doch. Das ist eben der Soundtrack meines Lebens!

THE PRODIGY

„Everybody In The Place“

(nach zwei Sekunden): Das habe ich lange nicht gehört. Eines meiner ersten Konzerte spielte ich in deren Vorprogramm. Als Hardcore-Techno populär wurde, war ich 15 oder 16. Ich versuchte, meine Hausaufgaben mit solcher Musik zu machen. Das ging natürlich nicht, anstatt dessen tanzte ich wie bekloppt durch die Küche. Wenn dir in der Jugend das Testosteron in den Körper schießt, ist das wohl die beste Musik.

JANET JACKSON & LUTHER VANDROSS

„The Best Things In Life Are Free“

Endlich. Stock, Aitken & Waterman! Aber wer singt? Paula Abdul?

Zwei Mal nein!

Oh, Janet. Mit Luther. Einer der ganz Großen. Ich würde sogar sagen, der R’n’B-Künstler mit der besten Stimme. Bei einigen Songs von David Bowie singt er die Background-Vocals. Eigenartig, dass er es in Europa nie in die Bestenlisten schafft. Auf seiner Beerdigung sang Stevie Wonder und verlor dort die Stimme. Ein wahnsinnig emotionaler Moment.

COLOR ME BADD

„I Wanna Sex You Up“

Stark! Color Me Badd! Dieser New Jack Swing muss zurückkommen. Das definierte eine ganze Ära. Ich würde sagen, dass der Beat von Jimmy Jam und Terry Lewis ist. (Verblüffend, er hat recht; die Red.) Beck hat neulich einen Song von mir geremixt. Und er sagte, er hätte ihn Bobby-Brown-mäßig aufgezogen. Das klang ähnlich.

PRINCE

„Future Soul Song“

Prince. Das erkenne ich an diesem typischen Drum-Sound. Ein recht guter Song. Von welchem Album ist das?

Dem neuesten. Sie waren mit Prince auf Tour.

Ich war von ihm eine Zeit lang ziemlich besessen. Eigentlich war das ein klarer Fall von „Triff niemals deine Idole“. Entsprechend seltsam war es, ihn persönlich kennenzulernen. Das war an einem Abend in Montreux. Quincy Jones war auch dabei, und Janelle Monáe. Das Aufeinandertreffen war echt komisch. Erst war ich enttäuscht, aber dann dachte ich mir: Was hast du erwartet? Dass er dir auf die Schulter klopft und sagt: „Na, was geht ab?“ Ich meine, es ist Prince. Und wenn der so ein Kumpel-Typ wäre, liefe irgendwas schief.

CEE LO GREEN

„Old Fashioned“

Das kenne ich nicht. Ist das ein Weihnachtslied?

Cee Lo. Der Typ von Gnarls Barkley. Der hat ein astreines Soul-Album veröffentlicht. Ich dachte mir: Wenn Jim dieser Tage erscheinen würde, wäre es vielleicht ein größerer Erfolg, weil viele gerade Ähnliches machen.

Das klingt sehr gut. Ich werde nie mehr ein reines Soul-Album veröffentlichen, auch kein reines Elektro-Album. Das verstanden viele nach Jim nicht. Ich hatte damals Gespräche mit Rick Rubin, mit Motown. Eigentlich klopften alle große Labels an. Die wollten natürlich Soul-Platten, aber die Angebote waren nicht sehr lukrativ.

Albumkritik ME 6/10