Oasis
"Astona", London
Man kennt das Phänomen: Alle paar Monate wieder entdeckt die britische Presse die neue Gitarren-Band. Doch derartige Prophezeiungen haben sich in der Vergangenheit meist als hemmungsloser Hype erwiesen, so daß entsprechende Schlagzeilen heute kaum jemand mehr ernst nimmt.
„Natürlich sind sie nicht die beste Band der Welt. Aber Ende des Jahres werden sie es sein“, schreibt der ‚Melody Maker‘ zum Thema Oasis. Soll man’s glauben? Natürlich nicht! Eine beachtenswerte Band sind Oasis dennoch. Nicht nur, weil auf der Insel schon lange nicht mehr derart halbstarke Gockel umherstolziert sind. Auch musikalisch haben Oasis einiges zu bieten. Und damit haben sie einem Teil der Konkurrenz schon einiges voraus.
Oasis stammen aus Manchester, also aus dem englischen Norden – und profitieren somit vom südbritischen Minderwertigkeitskomplex, wenn es darum geht, eine rotzige Leck-mich-Mentatität an den Tag zu legen. Sänger Liam Gallagher jedenfalls ist ein näselnder, bockiger Arrogantling. Die Südbriten können ob solcher Impertinenz nur staunen. Doch Gallaghers überhebliche Art könnte helfen, ihn zum Star zu machen.
Vom ersten Ton an ärgert er das Londoner Publikum mit provokativen Sprüchen. Und die Leute fahren voll drauf ab. Nur aus den hinteren Reihen heraus schreit einer „Shitface!“. Das wiederum nimmt Gallagher als Kompliment. Vom ersten Ton an auch sind Oasis ganz eindeutig cool. ‚Columbia‘, der Opener, schleicht heran wie ein schwerer Alligator. Auch die folgenden Nummern sind nicht zu verachten. Die Gitarren sind blendend aufeinander eingestellt, schrammein unisono Akkorde, schweifen in angedeutete Melodien ab oder kreieren ganz einfach wüsten Lärm. Dann wieder dürfen sich die Ohren an unwiderstehlichen Arrangements wärmen. Songs wie ‚Shakermaker‘, eine Art Remake von Td Like To Teach The World To Sing‘ (New Seekers) und ‚Live Forever‘ sind beste Beispiele für Oasis‘ Talent, mittels Arrangements aus einfachen Stücken gute Songs zu machen. Mindestens die Hälfte ihres Debüt-Albums verfügt denn auch über beträchtliches Potential.
Dennoch wirkt die Musik von Oasis – zumindest an diesem Abend – nach einer halben Stunde eher monoton. Daran ist in erster Linie der unftexible, näselnde Gesang von Liam Gallagher schuld. Aber eben auch, daß Oasis ihre besten Ideen erkennbar und ohne Skrupel geklaut haben – von Dr. Feelgood und The Jam, von T. Rex und Status Quo, von P.I.L. und den Small Faces. Die beste Band der Welt?