Noel Gallagher bereut Oasis-Album „Standing On The Shoulder Of Giants“
Noel Gallagher hatte nach (What's The Story?) Morning Glory? keine Lust mehr Songs zu schreiben. Jetzt fängt er an zu bereuen...
Wenn man etwas bereut, dann tut man es ja meistens, weil man die Konsequenzen nicht vorhersehen konnte und im Nachhinein nur schwer mit genau diesen leben kann. Noel Gallagher sagte nun: „Oasis should never have made Standing On The Shoulder Of Giants“. Und warum? Nur weil es nicht die gleichen Verkaufszahlen wie das Oasis-Überalbum (What’s The Story?) Morning Glory? eingespielt hat? Da muss man doch nicht gleich ein ganzes Album bereuen, dass schließlich auch bei jedem Oasis-Fan im Regal einsortiert ist.
Aber darum geht es nicht. Es sitzt noch viel tiefer beim Ex-Oasis-Kopf. Er sagt, er habe nach (What’s The Story?) Morning Glory? jegliche Lust am Schreiben verloren. Und es kommt noch schlimmer: Es sei auch der Punkt gewesen, an dem die Band von ihrem Weg abgekommen sei. Er sagt der Grantland: “ We should have never made ‚Standing On The Shoulder Of Giants‘. I’d come to the end. At the time, I had no reason or desire to make music. I had no drive. We’d sold all these fucking records and there just seemed to be no point.“
Und man wird das Gefühl nicht los, wenn man die letzten Monate der Gallagher-Brüder Revue passieren lässt, dass Noel in eine Art „Nachsinnen“ verfällt, das ihm erst in höherem Alter (44)übermannt. Es ist also der Überfluss von damals, der ihn heute manchmal schwerfällig in die Knie zwingt. Das inflationäre Gefühl des Ruhms, das so gewöhnlich wie der morgendliche Kaffee oder vielleicht auch das Bier war.
Parallel zum Oasis-Erfolg – der sich wohl nur noch in den Fängen einer Oasis-Maschinerie wiederspiegelte, die ihm heute „Zähneknirschen“ bereitet – erzählt er weiter, was sich tief in seinem Inneren abspielte: “ I went ahead and did it, even though I had no inspiration and couldn’t find inspiration anywhere. I just wrote songs for the sake of making an album. We needed a reason to go on a tour. But at the time, I wasn’t thinking like that. We all thought the song ‚Go Let It Out‘ was good.“ Nur ein antrainierter und der Karriere zuträglicher Opportunismus, der ihn damals trieb? „Go Let It Out“ hat also spätestens jetzt ausgedient für ihn und ist nur noch Indikator der Geschmacklosigkeit, die er damals als solche nicht wahrnehmen wollte. Das Album…Heute nur noch eine mittelmäßig belegte Tiefkühl-Pizza, die aber über’s Fließband gehen musste.
Und von was war er bei Be Here Now getrieben? – „At the time, I was taking a lot of fucking drugs, so I didn’t give a fuck„, sagt er in der Grantland. Und weiter: „We were partying while we were working. And when that record was finished, I took it back to my house and listened to it when there wasn’t a party happening and I wasn’t out of my mind on cocaine. And my reaction was: ‚This is fucking long‘.““ Wer hätte das gedacht? Ein Album, das begleitet von Rauschzuständen und Parties entstanden ist. Sicherlich hatten viele schon so eine Ahnung. Noel hatte aber zu dem Zeitpunkt bestimmt noch keine Ahnung davon, dass er 14 Jahre später allein auf der Bühne steht. Ohne seinen Bruder. Ohne Oasis. Und voller schwermütiger Blicke auf die vergangenen Jahre…
Die Gegenwart ist ja immer sehr gütig mit der Vergangenheit. Man kann sie in kleine und große Geschichten und Phasen portionieren, um sie dann sich und in dem Fall der Öffentlichkeit so zu präsentieren, wie es der mentale Zustand gerade will – beziehungsweise das Image. Die Vergangenheit wird Noel keine Lügen strafen, wie auch. Und irgendwie ist dieser „fucking Seelenstripties“ doch auch nur gut, wenn man sich nachhaltig mit der Vergangenheit auseinandersetzen will. Kann man nur hoffen, dass da nicht schon wieder etwas gesagt wurde, was Liam verägert. Sonst könnte er den Part mit dem „Lügen strafen“ übernehmen. Da kommt die Güte der Gegenwart dann doch an ihre Grenzen, wenn sich Zeitzeugen zu Wort melden.
Eigentlich sollte Noel sich auf seine bevorstehende High Flying Birds-Tour vorbereiten. Aber vielleicht tut er das ja auch gerade genau auf diesem Wege. Er macht von sich reden.