NICHTS ALS MUSIK
Nachschlag zum Berlin Festival. Es ist der kleine Bruder des MELT!. Hervorragendes Festival auf dem Flughafen Tempelhof. Eines der letzten Musikfestivals in Deutschland überhaupt. Weil: kein „Event“. Ganz altmodisch geht es hier um die Musik. Im Publikum: keine aufblasbaren Gitarren, keine „Bier formte diesen schönen Körper“- und „ficken?“-T-Shirts, keine als Schlümpfe verkleideten Besucher. Vor allem aber: ein super Line-up. Elektronische Acts stehen ganz natürlich neben nichtelektronischen. So wie das im richtigen Leben sein sollte. Zum Beispiel Matias Aguayo & The District Union. Es hat ein, zwei Stücke lang gedauert, dann aber hatte der deutsch-chilenische Produzent sein Publikum gefangen in einer Schleife aus Polyrhythmen. Aguayo ist ein großer Dekonstrukteur der elektronischen Musik, er nimmt sich mit dem Beat das signifikanteste Merkmal, verdoppelt und verdreifacht ihn und schafft daraus eine Art Meta-Musik, zu der man schon mal in tranceartige Zustände verfallen kann, wahlweise hemmungslos tanzen muss oder die Reise ins Innere antritt.
Das verhältnismäßig Gleiche taten eineinhalb Stunden später My Bloody Valentine. Die irischen Shoegaze-Legenden nehmen sich mit Gitarre und Bass die archetypischen Rock’n’Roll-Instrumente, isolieren ihren Sound und türmen ihn zu einer meterhohen undurchdringlichen Wand auf. Die Mauer steht, die Steine sind nicht sichtbar. My Bloody Valentine schaffen eine Art Meta-Musik, zu der man schon mal in tranceartige Zustände verfallen kann, wahlweise hemmungslos tanzen muss oder die Reise ins Innere antritt.
Unabhängig von der Art, wie sie erzeugt wird, kann man sich bei Matias Aguayo und My Bloody Valentine schön Eso-mäßig der Musik hingeben und ohne mit dem Betäubungsmittelgesetz in Konflikt zu geraten, andere Bewusstseinsebenen besuchen. Was bleibt, ist: Sound. Und die Erkenntnis, dass Albert Ayler 1969 mit seiner Behauptung richtig lag:“Music is the healing force of the universe.“