Meinung

Neue Kategorie, gekürzte Show: Die Oscars werden zum Trostpreis


Was an der Kasse zieht, soll nun auch auf die Oscar-Bühne. Der wichtigste Filmpreis der Welt folgt dem Superhelden-Geld und macht sich dadurch irrelevant.

Immer mal wieder werden von Kritikern der Veranstaltung neue Kategorien für die Oscar-Verleihung gefordert. Der Ruf nach einem Preis für den Besten Casting-Director oder das Beste Ensemble verhallt nie komplett, Bestes Regie-Debüt oder Bester Nachwuchsdarsteller wurden ebenfalls in etlichen Artikeln, Foren oder auf Social Media diskutiert. 2019 wird die Academy of Motion Picture Arts and Sciences nun tatsächlich nach langer Zeit eine neue Kategorie einführen – und erntet dafür mehr Unverständnis als Zuspruch.

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Die „Herausragenden Leistung im populären Film“ wird am 24. Februar 2019 erstmals prämiert, die Zahl der Kategorien wächst damit auf 25 an. Die Academy hat sich für diese Erweiterung entschieden, um gegen sinkende Quoten anzukämpfen. 26,5 Millionen Zuschauer verfolgten die diesjährige Verleihung, circa 20 Prozent weniger als im Vorjahr und sogar 40 Prozent als Ende der 90er.

Die Jury folgt dem Geld, nicht der Kunst

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Nicht nur die neue Kategorie soll Zuschauer wieder vor den Fernseher locken, auch die Dauer der Show wird von fast vier Stunden auf drei verkürzt. Einige Kategorien, wie zum Beispiel Bester Tonschnitt, werden in den Werbepausen durchgezogen und dann als Zusammenschnitt präsentiert. Das spart Zeit und soll den Fokus mehr auf die großen Stars legen. Außerdem wird die Oscar-Verleihung ab 2020 Anfang Februar stattfinden und damit näher an den anderen Award-Shows der USA.

Dass die Academy mit Reformen arbeitet und somit das Interesse an der Show (und somit dem Kino generell) wieder erhöhen möchte, ist nur nachvollziehbar. Die Kategorie „Herausragenden Leistung im populären Film“ gleicht aber einem Armutszeugnis. Die Oscars folgen damit nämlich nicht der Kunst, sondern dem Geld. Was an den Kassen Leute angezogen hat, soll bitte nun auch auf der Oscar-Bühne präsent sein und seine zufriedenen Zuschauer mitbringen.

Das erste Beispiel dafür wird im kommenden Jahr „Black Panther“ sein, der direkt nach Bekanntgabe der neuen Kategorie als sicherer Sieger unter den „populären Filmen“ gilt. Mehr als eine Milliarde Dollar spielte der Superheldenfilm in den USA ein, durch den fast vollständig schwarzen Cast kam eben auch eine ganz neue Zielgruppe ins Kino. Und die soll nun 2019 Bitteschön auch vorm Fernseher sitzen und zusehen, wie Regisseur Ryan Coogler einen Oscar für seinen Publikumshit bekommt.

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Das Prinzip erinnert an bekannte Publikumspreise, hat aber einen faden Beigeschmack. Denn voraussichtlich wird das Publikum bei den Oscars nicht den populärsten Film bestimmen können – diese Aufgabe wird die Jury sich nicht nehmen lassen, auch weil in Zeiten der lustigen Internet-Kampagnen plötzlich Jason Statham für seinen Hai-Film „Meg“ auf der Bühne stehen könnte.

Die neue Kategorie ist eine Verzweiflungstat für Quote, dazu noch beleidigend: Beliebte Mainstream-Filme bekommen zwar einen Oscar, werden aber zugleich vom Rest der vermeintlich ehrbaren Veranstaltung ausgeklammert. Den anderen Filmen wird durch die Blume gesagt, dass sie schlichtweg unpopulär sind.

Der wichtigste Filmpreis der Welt dürfte sich ab kommenden Jahr also für jeden Sieger ein wenig wie ein Trostpflaster anfühlen. Und er verliert damit den Glanz, den er vor einigen Jahren noch in die ganze Welt verstrahlte. Zum Beispiel in den Nächten, in denen „Titanic“, „Der Herr der Ringe“ oder „Gladiator“ zu den Besten Filmen des Jahres gekürt wurden.