Neu im Kino: „Der große Trip – Wild“, Mark Wahlberg als Spielsüchtiger in „The Gambler“ und Angelina Jolies „Unbroken“
Berührender Gegenentwurf zum schalen Selbstfindungstrip – „Der große Trip – Wild“. Hier seht ihr die weiteren Kinostarts der Woche im Überblick.
Film der Woche:
„Der große Trip – Wild“
Drama / Biografie – USA, Regie: Jean-Marc Vallée, Darsteller: Reese Witherspoon, Gaby Hoffmann, Laura Dern
Berührender Gegenentwurf zum schalen Selbstfindungstrip
1100 Meilen will sie zu Fuß zurücklegen, auf dem Pacific Crest Trail von der Mojave Wüste bis nach Oregon, wie jährlich etwa 300 andere Thru-Hiker auch, die sich testen wollen, Lust auf Abenteuer haben oder einfach nur die Schönheit der schier endlosen Natur genießen wollen. Anders als die meisten anderen Wanderer auf dem PCT ist Cheryl Strand nicht im Entferntesten vorbereitet auf das, was sie erwartet. Sie hat keinerlei Erfahrung im Hiken, kann kein Zelt aufbauen, einen Gaskocher bedienen auch nicht, es hapert schon beim simplen Lesen von Landkarten. Aber sie weiß, dass sie diese Reise machen muss, jetzt in diesem Moment, es ist von essenzieller Bedeutung für die 26-jährige Frau, eine Notwendigkeit. In ihrem Tatsachenroman „Wild“ aus dem Jahr 2012 erzählt Cheryl Strayed von ihren Erlebnissen, Jean-Marc Vallée hat sie filmisch verarbeitet, ein knappes Jahr nachdem er Matthew McConaughey und Jared Leto in „Dallas Buyers Club“ zu Oscar-Auszeichnungen geführt hat.
Das Motiv vom Aussteiger auf Selbstfindungstrip beim Überlebenskampf in der Wildnis findet sich in der Literatur von Jack London und ist zentrales Anliegen der Beat-Poeten. Im Kino sucht Robert Redford in „Jeremiah Johnson“ die Auseinandersetzung mit den Naturgewalten, und natürlich erinnern wir uns an die Pilgerschaft von Emile Hirsch in Sean Penns „Into The Wild“, der Film, der zumindest äußerlich die meisten Anknüpfungspunkte zu „Wild“ besitzt.
Entscheidend sind aber die Unterschiede, und das allein schon deshalb, weil Vallées Hauptfigur weiblich ist, was jede Einstellung des berührenden Films prägt. Vor allem ist ihr Anliegen ein anderes: Cheryl Strayed kehrt nicht der Gesellschaft den Rücken, sondern sich selbst. Es geht darum, dass ein Mensch sich wieder finden will, der sich verloren hat, vom Weg abgekommen ist. Cheryl will sich selbst wieder fühlen. Ach was, sie will überhaupt wieder fühlen.
In assoziativ eingeflochtenen Rückblenden, die wie Erinnerungsfetzen unvermittelt in die Bilder platzen, wird gezeigt, warum es zur Pilgerschaft kommt, werden Leerstellen aufgefüllt, entsteht das Porträt einer Frau, die vergessen hat, was es bedeutet ein Mensch zu sein. Jeder neue Schritt ist hier Anlass zur Freude, jedes gelöste Problem ein Triumph. Reese Witherspoon spielt diese Büßerin, die Drogen nimmt, sich wahllos ficken lässt und ihre Freunde betrügt, um ihren inneren Schmerz zu betäuben, mit einer uneitlen Purheit. Es ist eine Freude, der Schauspielerin zuzusehen, wie sie sich parallel zu der Figur, die sie spielt, selbst wieder entdeckt. „Wild“ ist ein Film über das Überleben: Mit jedem seiner Bilder feiert er das überschäumende Gefühl, lebendig zu sein. (Text: Chris Weiß)
AUßERDEM NEU IN DEN KINOS UND MIT EINEM EIN-SATZ-SCHNELLCHECK AUFGEFÜHRT:
ANNIE
Bekannte Namen: Jamie Foxx, Rose Byrne
Ein Waisenkind findet den Weg in eine neue Familie.
Gehen wir rein… um zu sehen wie es mit Quvenzhané Wallis, dem Talent aus „Beasts of the Southern Wild“, weitergeht.
FRAU MÜLLER MUSS WEG
Bekannte Namen: Anke Engelke, Justus Von Dohnanyi
Eine Klassenlehrerin soll abgesetzt werden, woraus sich ein Dialogduell nach dem anderen entspinnt.
Gehen wir rein… wenn wir bereits an einem Kammerspiel wie „ Der Gott des Gemetzels“ unsere Freude hatten.
GETT: DER PROZESS DER VIVIANE AMSALEM
Bekannte Namen: –
Sie will nach dreißig Jahren Ehe die Scheidung, er hält jedoch aus religiösen Gründen weiter daran fest – das Portrait eines zermürbenden Prozesses.
Gehen wir rein… denn dieses Gerichtsdrama hat starke Schauspiel-Leistungen und eine fesselnde Dramaturgie zu bieten.
SCHÄNDUNG
Bekannte Namen: Fares Fares, Nikolaj Lie Kaas
Es gilt einen alten Kriminalfall neu aufzurollen, um so endlich alle Täter hinter Gitter zu bringen.
Gehen wir rein… weil es sich um den nicht minder düster-spannenden „Erbarmen“-Nachfolger (2013) handelt.
THE GAMBLER
Bekannte Namen: Mark Wahlberg, John Goodman, Brie Larson
Ein Mann auf dem Weg nach unten: durch seine Spielsucht gibt es für Jim Bennett bald keine Grenzen mehr.
Gehen wir rein… um zu schauen, ob es dem Original aus dem Jahr 1974 das Wasser reichen kann.
UNBROKEN
Bekannte Namen: Jack O’Connell, Garrett Hedlund, Domhnall Gleeson
Louis Zamperini befindet sich gerade als talentierter Läufer auf der Karriereleiter nach oben als er in den Zweiten Weltkrieg ziehen und sich dort behaupten muss.
Gehen wir rein… weil Joel und Ethan Coen das Drehbuch geschrieben haben und Angelina Jolie die Regie übernommen hat.