Es ist eher eine Seltenheit, dass eine Band im 13. Jahr ihres Bestehens mit ihrem fünften Album ihr Meisterwerk veröffentlicht. Different Class (Music On Vinyl/Cargo) von Pulp aus dem Jahr 1995 war nicht nur der Höhepunkt im Schaffen der Band um Jarvis Cocker, sondern auch der Höhepunkt des sogenannten Britpop, dem sich Pulp aus nachvollziehbaren Gründen nicht zugehörig fühlten. Zu viele musikalische Verbrechen wurden im Namen dieses Scheingenres begangen. Selten vorher und nachher gab es in den 90ern eine so hohe Quote an guten Songs auf einem Pop-Album aus Großbritannien – das glamrockige „Disco 2000“, die theatralische Mini-Suite „I Spy“, der moderne Klassiker „Common People“ – so viele einprägsame Melodien, so intelligente Texte über Jarvis Cockers Lieblingsthemen Sex und gesellschaftliche Klassenunterschiede. Die Wiederveröffentlichung kommt auf 180-Gramm-Vinyl und mit einem eingelegten Textblatt.
Was Tomorrow (Vinilisssimo/Cargo), das einzige Album der Band Tomorrow in der Retrospektive zu einem Klassiker und Archetypen des Psychedelic Rock macht: Es war schon alles da, was später als genretypisch erachtet wird: rückwärts abgespielte Gitarren, elektrische Sitar, versponnene Texte und eine Coverversion des Beatles-Songs „Strawberry Fields Forever“, der Mutter aller psychedelischen Rocksongs. Wieso die Band mit Keith West (voc), Steve Howe (g), John Wood (bg) und John Alder (dr) zu ihrer Zeit lediglich eine Randnotiz darstellte, lag an mangelnder Unterstützung der Plattenfirma EMI. Das Album, das im Frühjahr 1967 aufgenommen wurde, war erst ein Jahr später in die Läden gekommen. Da war der „Summer of Love“ Vergangenheit, der Psychedelic Rock als Trend vorbei. Stellenweise sind auf Tomorrow bereits die Songstrukturen angedeutet, die in den 70ern von Gitarrist Steve Howe und seiner nächsten Band Yes zum Kennzeichen eines neuen Genres wurden: Prog Rock. Der Rerelease kommt auf 180 Gramm schwerem, gelbem Vinyl.
Das fünfte und letzte Album von Talk Talk stand am Ende einer Evolutionskette, die mit The Colour Of Spring, dem dritten Album der Band aus London, im Jahr 1986 begonnen hatte und zwei Jahre später mit Spirit Of Eden radikal weitergeführt wurde. Die Entwicklung von einer Popmusik, die von der Avantgarde sanft berührt wurde, hin zu einer Avantgarde, die immer noch Pop sein und deshalb auf Melodik und Tonalität nicht verzichten wollte. Für die Aufnahmen für Laughing Stock (Ba Da Bing Records/Cargo) versammelte Bandleader Mark Hollis gut 20 Musiker im Studio, mehrheitlich Streicher und Bläser, die eine impressionistische Musik schufen, in der die Stille und die Pausen wesentliche Stilelemente darstellten. Laughing Stock touchiert Ambient, (europäischen) Jazz und Minimal Music und spielt auch 20 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung noch in einer eigenen Liga. Spuren von diesem Art-Pop sind in den jüngeren Alben Radioheads und in der Musik von James Blake nachweisbar. Zum ersten Mal seit Jahren ist Laughing Stock wieder auf Vinyl erhältlich.
Sieben Jahre vergingen nach dem letzten Talk-Talk-Album Laughing Stock, bevor Mark Hollis sein bislang einziges Soloalbum veröffentlichte. Auf Mark Hollis (Ba Da Bing Records/Cargo) radikalisierte Hollis den Ansatz der Stille und Langsamkeit noch mehr, den er um sein impressionistisches Pianospiel aufbaute. Allein die Stimme erinnerte noch entfernt an den Charts-Pop, den Hollis in den frühen 80ern mit Talk Talk produzierte. Es waren die kammermusikalischen Varianten von Jazz, Folk und der klassischen Musik des 20. Jahrhunderts, die als Inspiration für das Album dienten. Nach der Veröffentlichung dieses künstlerischen Meilensteins des ausgehenden 20. Jahrhunderts zog sich Mark Hollis ins Privatleben zurück und tauchte in den 00er-Jahren nur sporadisch als Gastmusiker auf den Alben anderer Musiker auf.
Weitere Neuerscheinungen:
Aeroplane – In Flight Entertainment
Anstam – Dispel Dances
Meg Baird – Seasons On Earth
The Beach Boys – Smile (2 LPs)
DNTEL – Life Is Full Of Possibilities
The Fear Ratio – Light Box (2 LPs)
Gold Panda – DJ-Kicks (2 LPs)
The Graham Dee Connection
– The 60s Connection
High Places – Original Colors
Los Campesinos!- Hello Sadness
David Lynch – Crazy Clown Time
Cass McCombs – Humor Risk
Makossa & Megablast – Soy Como Soy
Mickey Moonlight – And The Time Axis Manipulation Corporation
Niobe – The Cclose Calll
Rebolledo – Super Vato (2 LPs)
Sepalcure – Sepalcure
Sigur Rós – Inni (3 LPs)
Someone Still Loves You Boris Yeltsin – Tape Club
Trentemøller – Reworked / Remixed (2 LPs)
Laura Veirs – Tumble Bee
Xaver von Treyer – The Torino Scale (3 LPs)
Ben Westbeech – There’s More To Life Than This
