NEONFARBENE QUALLEN – DIE LÖSUNG!


„Jungle Drum“ war ihr Überraschungshit. Dann kam lange: nichts. Jetzt ist Emilíana Torrini, Islands zweitbekannteste Musikerin nach Björk, wieder da. Mit Synthie-Folk.

Island. Ein Land, in dem jemand schon als ranschmeißerisch gilt, wenn er einem Fremden kurz zunickt. Ein Land, dessen Hauptstadt Reykjavík von einem Ex-Punkrocksänger regiert wird. Hier lebt Emilíana Torrini seit Kurzem wieder – nach 16 Jahren Exil in England zurück in der schroffen Heimat. „Ich habe entschieden, dass ich nie einen Freund mit nach Island schleifen würde“, erzählt sie gut gelaunt. „Ich weiß, dass es kein Land ist, das Ausländer mit offenen Armen empfängt. Mein Vater ist Italiener. Aber mein Freund hat seinen Traumjob dort gefunden und nun leben wir mit der Familie dort.“

Seit einem Jahr ist die 35-Jährige Mutter. „Die glücklichste und zugleich die beängstigende Zeit deines Lebens.“ Solch ein Ereignis bleibt natürlich nicht ohne Nachhall. Statt jetzt ein Loblied auf die Liebe zu singen, bezeichnet Torrini ihre neue CD TOOKAH! als „wirklich kompliziertes Album“. Sie habe sich mit den Texten extrem schwergetan. Anfangs sei da nichts gewesen, nur gähnende Leere im Kopf.

Die Erwartungen waren auch nicht gerade klein nach ihrem Überraschungshit „Jungle Drum“, der auch schon fünf Jahre alt ist. Obwohl sie wie immer mit ihrem langjährigen Songwriting-Partner Daniel „Dan“ Carey (Bat For Lashes, Django Django) arbeitete, wollten die Songs einfach nicht kommen. „Es fühlte sich so an, als würde ich nur ein Album aufnehmen, weil es wieder an der Zeit war. Ich hatte nicht das Gefühl, dass es mir etwas gab.“ Dan zog die Notbremse. Sagte ihr, sie solle es nicht erzwingen wollen. Statt krampfh aft Lyrics zu schreiben, alberten sie im Studio herum, guckten nächtelang YouTube-Videos. „Da war auf einmal dieser Typ mit einem Vintage-Oberheim-Synthesizer aus den Achtzigern“, erzählt sie, „ich flippte regelrecht aus, sagte zu Dan: ‚Genau das will ich machen!'“ Der Knoten platzte. Sie wusste, sie wollte diese Synthies in ihre Folkmusik integrieren: „Die Songs sollten sich so anhören wie wunderschöne, neonfarbene Quallen.“

Heraus kam dabei etwa „Speed Of Dark“ – eine extrem clubbige Nummer, die an The The’s „Giant“ erinnert. „Alle sagten, ich solle den Song an eine Popsängerin geben, aber ich wollte ihn unbedingt selber haben“, so Torrini, die für Kylie Minogue den Superhit „Slow“ schrieb. Den tanzbaren Stücken auf TOOKAH! stehen ruhige, akustische Songs gegenüber. Torrini spricht von einer musikalischen Reise, auf die sie sich begeben hat. „Mit ungewissem Ziel. Aber das ist normal. Ich weiß vorher nie, wohin es am Ende geht.“