Neil Young STILLER VERWEIGERER
Meine neueste Platte ist die persönlichste, die ich seit Jahren gemacht habe. Sie muß für sich selbst sprechen.“ Neil Young schüttelt den Kopf. Er beantwortet keine Fragen zu „Sleeps With Angels“. Auf seinem 79er Album „Rust Never Sleeps“ verkündete der Rockexzentriker die Botschaft ,,/t’s better to burn out than to fade away“. Als eine Hommage an den Sex Pistols-Sänger Johnny Rotten gedacht, verlieh die Zeile gleichzeitig dem neuem Selbstverständnis Youngs als ewig rostfreier, ruheloser Rock-Rebell Ausdruck. Der Abgesang auf den Stillstand, das bildhafte Bekenntnis zur stetigen Entwicklung wurde zum Leitmotiv für die nachwachsende Generation, die den alten Außenseiter zu ihrer Vaterfigur erhoben hat. Neue Bands wie Pearl am und Sonic Youth tourten mit dem Altmeister und nannten ihn als wichtigsten Einfluß. Der Geehrte selber war sich daei der wechselhaften Moden im Business und seiner Steliung in der neuen Musikordnung stets bewußt, „It’s better to burn out than to fade awayt“, kritzelte Nirvana-Sänger Kurt Cobain mit roter Tinte auf seinen Abschiedsbrief, bevor er sich mit einer Schrotflinte den Kopf weggeblasen hatte. Cobain, Leitfigur einer ganzen Generation, mißbrauchte die Zeile aus der Young-Komposition „My My Hey Hey (Out Of The Blue)“ als Rechtfertigung für den Selbstmord. „Ich werde den Song nie mehr live spielen“, murmelt ein zerknirschter Young, dem nicht nur das Zitat aus dem Abschiedsbrief schwer im Magen liegt. In „Driveby“ geht es um den Mord an einem kleinen Mädchen. „Wie kann ich über den Tod dieses Mädchens sprechen, wenn ich weiß, daß es dazu dient, die Plattenverkäufe anzukurbeln?“
Neil Young vertritt einen seltenen Standpunkt in einer Welt, in der die meisten Musiker selbst persönlichste Werke voller Enthusiasmus promoten. Für „Sleeps With Angels“ wird es keine Tour und nur Mini-Promotion geben. Bei Youngs Plattenfirma Warner ist man sich der Marketing-Wirkung von Live-Auftritten zwar bewußt, nimmt aber die Weigerungshaltung des Anti-Stars nicht weiter tragisch. „Klar, Gigs helfen dabei, Platten zu verkaufen“, meint Bob Merlis von Warner in L.A., „aber Neil war in der Vergangenheit auch ohne Tour sehr erfolgreich.“ Die No-Promotion könnte sogar die Verkäufe ankurbeln, orakelt man beim Plattenmulti. Beispiele dafür gibt es genug. Neil Young aber dürfte das nur wenig interessieren.