Neil Young – Hamburg, Sporthalle
Kein großer Andrang in Hamburgs riesiger Sporthalle: Vielen dürfte der Eintrittspreis von 40 Mark zu hoch gewesen sein, zumal Neil Young seine Fans in den letzten Jahren mit einigen gewagten Stilexperimenten auf die Probe gestellt hatte. Die Anwesenden aber sollten ihre Investition nicht bereuen: Auf der Bühne standen die originalen Crazy Horses, Neil Youngs legendäre Backing Band mit Ralph Molina am Schlagzeug. Billy Talbot am Baß und als „jüngstes“ Mitglied Frank Sampedro, der 1975 den verstorbenen Gitarristen Danny Whitten ersetzt hatte.
Die Tour lief unter dem Motto Prisoners Of Rock ’n‘ Roll, und so war die Überraschung nicht schlecht, als Talbot und Sampedro die Anfangs-Akkorde des Buffalo Springfield-Klassikers „Mr. Soul“ auf Synthesizern hämmerten. Aber das war nur die Eröffnung, die obendrein bewies, daß ein großer Song auch im modernen Gewand nichts verlieren muß.
Molinas trocken-präzises Schlagzeug und vor allem Youngs exzessives Gitarrenspiel zeigten dann deutlich die Richtung des Abends an: Die eröffnenden Akkorde von „Down By The River“ kündigten die erste Gitarrenschlacht an.
Das Publikum begrüßte den Song mit Jubel, der sich noch steigerte, als Young und Sampedro die hvmnischen Höhen ihrer Improvisation ausklingen ließen und ein frenetisches „When You Dance“ hinterherschickten.
Im Stile eines geübten Entertainers, der sein Publikum immer wieder aufs Neue zu kitzeln versteht, schob Young ein paar akustische Solo-Songs ein, brachte „Comcs A Time“ zur Gitarre, wechselte ans Klavier für „After The Goldrush“. Nach diesen Momenten der Nostalgie einige Kostproben aus dem neuen Studio-Album Life, von denen das pathetische „Long Walk Home“ rührte und „Mideast Vacation“ die meiste Verwirrung hervorrief: Auf Youngs knallhartes Rock-Riff setzte Sampedro ausbruchartigen Synthi-Krach. der an Splitterbomben in Beirut erinnerte.
Doch zwischendrin immer wieder lässige Rückgriffe in das schier unerschöpfliche Repertoire einer fast 20jährigen Bandgeschichte. „Cortez The Killer“ im durch und durch ausgeruhten Westcoast-Feeling, „Drive Back“ als hämmernder Rock — Gitarrenmusik vom allerbesten. Erstaunlich auch, wie Young es mit seinen 42 Jahren fertigbringt, sein Instrument noch mit der Wildheit und Experimentierfreude eines 20jährigen zu spielen. Auch der Band war anzumerken.
wie sehr sie die Rückkehr zum straighten Garagen-Rock genoß. Sie verabschiedeten sich nach zwei Stunden mit dem unsterblichen Hit „Like A Hurrieane“ und der ewig gültigen Wahrheit „Hey Hey My My, Rock ’n‘ Roll Can Never Die“. Ein gigantisches Peace-Zeichen tauchte vor der hinteren Bühnenwand auf und entließ ein euphorisiertes Publikum in die laue Frühlinasnacht.