Neil Young: Arbeitskreis Ökologie und Umweltschutz
In der Waldbühne Berlin spielen Neil Young & Promise Of The Real fast drei Stunden lang gegen die Feinde von Mutter Erde an.
Wer mehr als ein Konzert von ihm gesehen hat, der weiß: Neil Young redet nicht viel auf der Bühne zwischen den Songs. Manchmal stellt er nach einer halben Stunde ans Publikum die eher rhetorische Frage: „How you’re doin’?“ Die kommt an diesem Sommerabend in der Waldbühne in Berlin zwar auch, aber einmal hält der 70-Jährige eine – für seine Verhältnisse – kleine Ansprache. Er hat ein
Anliegen, und das muss raus. Er lobt die Landschaften und die Bauernhöfe in Deutschland. Alles hier,
sagt er, sei so sauber. „Congratulations!“ Als das vom Publikum vereinzelt mit Gelächter quittiert wird, setzt er noch einmal an. „Nein, ohne Scheiß“, sagt er, und erklärt, dass er das ernst meine. Er, der soviel in der Welt herumkommt, wisse wie die Situation in anderen Ländern wäre.
Youngs Ansage ist wie ein Grußwort, das diesen fast dreistündigen Konzeptabend Ökologie und Umweltschutz in der von den Nazis gebauten Freilichtbühne erklärt. Es beginnt damit, dass zwei Mädchen mit Strohhüten und Gummistiefeln Saatgut auf der Bühne verstreuen. Auf seinen aktuellen Alben THE MONSANTO YEARS und EARTH wettert der Kanadier gegen ökologiefeindliche Großkonzerne, insbesondere Monsanto, den umstrittenen Hersteller von genmanipuliertem Mais und Herbiziden.
Am Anfang gibt er vier Songs solo zur akustischen Gitarre und am Klavier. Den Klassiker „Heart Of Gold“ verbrät er schon als Nummer 2. Zu Beginn hat er leichte Schwierigkeiten mit dem Timing und der Stimme, die sich aber später in der schwülen Berliner Abendluft auflösen. Nach dem vierten Song kommt seine aktuelle Begleitband auf die Bühne: Promise Of The Real mit den beiden Söhnen von Willie Nelson, Lukas (Gitarre, Gesang) und Micah (Gitarre, Gesang). Zusammen spielen sie „Out On The Weekend“, und es wird klar, dass das Wald- und Wiesenkonzept auch auf die Musik angewandt wird. Wir hören weniger den hard- als vielmehr den country-rockenden Neil Young – der an diesem Abend sechs von zehn Songs des HARVEST-Albums spielen wird. Ansonsten gibt es
eher selten Gespieltes („Human Highway“, „Someday“, „Everybody Knows This Is Knowhere“), das episch ausgewalzte „Down By The River“ und „Rockin’ In The Free World“ als Finale bleiben die einzigen Zugeständnisse an die Feedback-getränkten Gitarrenorgien, für die der Kanadier berüchtigt ist.
Es gibt in diesen politisch bewegten Zeiten viel zu wenige Musiker, die soziale und politische Belange hinaus an ihr Publikum tragen, was von Nihilisten gerne als „Hippietum“ abgetan wird. Neil Young ist eine Ausnahme von der Regel, das ist schön. Unschön ist, dass sich an dem Abend nicht diese Magie entfalten will, die Konzerte von Neil Young zu bewusstseinserweiternden Erfahrungen machen können. Wir erinnern an seinen Auftritt mit Crazy Horse an selber Stelle vor drei Jahren.
SETLIST
- After The Gold Rush
- Heart Of Gold
- The Needle And The Damage Done
- Mother Earth (Natural Anthem)
- Out On The Weekend
- Unknown Legend
- Peace Of Mind
- Human Highway
- Are You Ready For The Country?
- Someday
- Winterlong
- Bad Fog Of Loneliness
- Alabama
- Words (Between The Lines Of Age)
- Powderfinger
- Everybody Knows This Is Nowhere
- Down By The River
- Western Hero
- People Want To Hear About Love
- Country Home
- Seed Justice
- Monsanto Years
- Wolf Moon
- Love And Only Love
- Rockin’ In The Free World