Nahostkonflikt: Rogers Waters attackiert Thom Yorke und Jonny Greenwood
In seiner Kritik an Yorkes und Greenwoods Haltung gegenüber Israel bleiben Beleidigungen nicht aus.
Roger Waters hat Thom Yorke und Jonny Greenwood von Radiohead wegen ihrer Haltung in der Israel-Palästina-Frage angegriffen. Dabei bezog er sich auf einen E-Mail-Verkehr mit Yorke aus dem Jahr 2017.
„Der Typ ist ein totales Arschloch“
Der Mitbegründer von Pink Floyd ist seit 2011 ein lautstarker Unterstützer der pro-palästinensischen Boykott-, Desinvestions- und Sanktionsbewegung (BDS) und hat sich in der Vergangenheit gegen die Entscheidung Radioheads ausgesprochen, 2017 ein Konzert in Tel Aviv zu spielen. Damals unterzeichnete er zusammen mit weiteren Prominenten einen offenen Brief, der die Band zur Absage des Auftritts aufforderte, da „dem palästinensischen Volk ein System der Apartheid aufgezwungen wurde“.
In einem neuen Interview im pro-palästinensischen Podcast „The Empire Files“ hat sich Waters Ende November über den Wortwechsel mit dem Radiohead-Frontmann nach der Unterzeichnung des Briefes geäußert – und seine Kritik an der Haltung der Band gegenüber Israel erneuert. Überschrieben war die Folge mit dem Musiker mit dem Titel „Stimmen der Vernunft in Zeiten des Genozids“.
Im Gespräch mit der umstrittenen Moderatorin Abby Martin, die lange Zeit Verschwörungsmythen über den Anschlag des 11. Septembers in den USA verbreitete und von 2012 bis 2015 für „Russia Today“ arbeitete, sagte Waters: „Ich habe [Yorke] eine Art E-Mail geschrieben, in der es hieß: ,Es tut mir leid, wenn du dachtest, dass ich konfrontativ war‘. Er schrieb zurück und sagte: ,Normalerweise haben Leute auf der anderen Seite eines Streits wenigstens den Anstand oder die Gnade […], ein Gespräch zu führen.‘“ Waters behauptete, er und BDS hätten zu der Zeit seit Monaten versucht, mit dem Sänger zu reden. Auf die Frage, was bei dem Austausch herausgekommen sei, antwortete Waters: „Dass der Typ ein totales Arschloch ist.“
„Thom Yorke hat einen großen Schaden“
Thom Yorke rechtfertigte den Auftritt auf Twitter/X damals mit den Worten: „In einem Land zu spielen ist nicht dasselbe wie die Regierung zu unterstützen. Wir haben über 20 Jahre lang in Israel gespielt und dabei eine Reihe von Regierungen erlebt, von denen einige liberaler waren als andere. So wie wir es in Amerika getan haben. Wir unterstützen Netanjahu genauso wenig wie Trump, aber wir spielen trotzdem in Amerika.“
Im Oktober ließ sich Yorke dann bei einer seiner Solo-Shows in Australien von einer Pöbelei aus dem Publikum provozieren. Ein Mann aus der Menge brüllte dem Radiohead-Frontmann entgegen: „Wie viele tote Kinder braucht es, damit du den Völkermord in Gaza verurteilst?“ Daraufhin verließ der Sänger wütend die Bühne. Auch zu diesem Vorfall gab Roger Waters im Interview seinen Senf dazu. „Er hat einen großen Schaden. Er ist offensichtlich sehr, sehr verunsichert. Er denkt wohl, dass er sehr klug ist, aber das ist er nicht. Deswegen kann er nicht wirklich ein Gespräch führen“, teilte er gegen Yorke aus.
Weiterhin verurteilte er den The-Smile- und Radiohead-Bandkollegen Jonny Greenwood für seine Zusammenarbeit mit dem israelischen Musiker Dudu Tassa. „Das ist völliger Blödsinn“, sagte Waters und fügte hinzu: „Es gibt kein Argument. Es gibt den Unterdrückten und den Unterdrücker. Die Unterdrückten sind die Ureinwohner Palästinas, die Unterdrücker sind die siedlungskolonialen Besucher aus Nordamerika und Nordeuropa. Es ist nicht schwer zu verstehen. Es handelt sich nicht um einen Konflikt. Es ist ein Völkermord, Thom und Jonny!“
Zum Hintergrund
Bei den Angriffen der Hamas am 7. Oktober 2023 wurden mehr als 1.200 Menschen getötet und über 100 israelische Geiseln genommen. Als Reaktion auf den Angriff erklärte das israelische Kabinett der Hamas in der Folge den Krieg. Seitdem herrschen Gewalt und Zerstörung in vor allem palästinensischen Gebieten vor. Die palästinensische Gesundheitsbehörde spricht von knapp 44.000 durch Israels Boden- und Luftangriffe getöteten Menschen im Gazastreifen. Israels Kriegsführung wird daher weltweit scharf kritisiert. Ein Gutachten des internationalen Gerichtshofs kam im Frühjahr zu dem Entschluss, Israel verstoße mit seinem Vorgehen gegen geltendes Völkerrecht.
Wegen Antisemitismus in der Kritik
Dem Ex-Pink-Floyd-Sänger hingegen wird seit vielen Jahren Antisemitismus vorgeworfen, zuletzt auch von seinem ehemaligen Bandkollegen David Gilmour. Er erklärte, er werde „auf keinen Fall“ wieder mit Waters auftreten. Gilmours Frau Polly Samson hatte zuvor auf ein Interview von Roger Waters mit der „Berliner Zeitung“ reagiert und schrieb auf X, Waters sei „durch und durch antisemitisch“. Sie fügte hinzu: „Außerdem ist er ein Putin-Verfechter und ein lügender, diebischer, heuchlerischer, steuerhinterziehender, lippensynchronisierender, frauenfeindlicher, neidischer, größenwahnsinniger Mensch. Genug von deinem Unsinn.“ Gilmour teilte ihren Beitrag und erklärte, dass „jedes Wort nachweislich wahr“ sei.
Im Dokumentarfilm „Dark Side of Roger Waters“ warfen ihm weitere ehemalige Weggefährten Antisemitismus vor. 2013 ließ er bei Konzerten beispielsweise ein aufgeblasenes Schwein über die Bühne fliegen. Darauf: ein Davidstern. Dem Film ist zu entnehmen, dass dem Musiker das wohl noch nicht genug war. Geplant habe er außerdem den beleidigenden Begriff „dirty kyke“ sowie die Wörter „Folge dem Geld“ und „Abschaum“, die letztlich nicht abgedruckt wurden.