Nachrichten an die Klingelton-Leute


Quitschige Stimmen, ironische Lieder und "„dummer Scheiß": Beim ME-Liederraten ersparten wir Howlin' Pelle Almqvist und Chris Dangerous von The Hives nichts.

Nancy Sinatra – Let Me Kiss You

PELLE: Ich bin mir ziemlich sicher, daß das von dem neuen Sinatra-Album ist. Der Morrissey-Song? Seine Lieder sind eigentlich nicht zu interpretieren, weil er einen so klaren Stil hat. Das klingt immer noch nach Morrissey. Und sie klingt immer noch toll.

Ihr habt Nancy Sinatra neulich kennengelernt.

PELLE: Ja. Wir haben bei einer Late-Night-Show neben ihr auf der Couch gesessen. Sie hat gesagt, daß sie uns gut findet. Und sie war mit Phil Spector befreundet und hat erzählt, daß er uns produzieren wollte. Bevor er ins Gefängnis kam. Er hatte mit ihr offenbar viel über uns geredet. Das klingt interessant (lacht).

Ein Album mit Phil Spector. Wäre das denkbar gewesen?

PELLE: Hm, ja. Wir mögen das Zeug von Phil Spector. Aber ich glaube, daß wir manchmal zu schnell spielen. Da wäre dann nur Brei rausgekommen. Aber was er mit seinen Gruppen gemacht hat, war toll.

The 5.6.7.8’s – Harlem Shuffle

(Lange Stille.) Kennt ihr den Song?

PELLE: Nein. Ah, doch! Ich weiß (singt): „Moooove it to the rieht“. Ist das geklaut oder ein Cover?

Eine Cover-Version von „Harlem Shuffle“.

PELLE: Genau. Kann man aber kaum erkennen. Was geht mit dem Akzent?

Das sind Japanerinnen.

PELLE: Ach, The 5.6.7.8 s. Ich hab ein paar ihrer Platten und eine7-inch. Die gibt es ja schon ewig. Ich mag japanische Rockmusik meistens. Irgendwie haben wir was gemeinsam. Wir adaptieren amerikanische Musik auf die schwedische Art und die eben auf die japanische (lauscht). Sehr charmant, oder?

Screamin‘ Jay Hawkins – I’m Lonely

PELLE (sofort): Das muß Screamin‘ Jay Hawkins sein. Wow … (lacht). Das ist Musik, die manche Leute nur als Witz sehen. Aber das ist einer der besten Sänger des Jahrhunderts. Er übertreibt natürlich, aber das fährt mir direkt ins Herz. Kein Tom Waits ohne ihn. (lauscht) Eigentlich ist er der Größte überhaupt. Wenn Bluesbands „I Put A Spell On You“ covern, ist es immer scheiße. Weil es nichts mit der Brillanz des Originals zu tun hat. Genau wie bei Jimi Hendrix: Er ist super, aber Coverversionen sind immer schlecht. Dieser Song hier hat fast Kabarett-Flair, die Covers aber haben das nie. Blues der frühen 90er-bäh.

Was kann man als Sanger von ihm lernen?

pelle: Halte nichts zurück!

Kraftwerk – Computerwelt

PELLE: Gute Snaredrum (lacht).

CHRIS: Wie Screamin‘ Jay Hawkins-ganz nah an der Perfektion … Mir gefällt, daß Kraftwerk mehr als nur Musiker waren – sie waren ja auch Handwerker.

PELLE: Sein Gesang ist nicht perfekt, die Sounds und die Melodien sind aber genial. Und es fühlt sich schön kühl an. Wie wenn du gerade geduscht hättest. Vielen Leuten entgeht, wie lustig das eigentlich ist. Deutsche kapieren das, aber wie ist das im Ausland?

Ihr habt gesagt, daß die neue Hives-Platte von Kraftwerk beeinflußt ist…

CHRIS: So ein bißchen. Die Wiederholungen, das maschinelle Feeling…

PELLE: Und sie ist sehr minimalistisch. Kraftwerk haben wohl auch mehr mit den Ramones gemeinsam als mit moderner Rave-Musik. Wie bei den Stooges: ein Riff für den ganzen Song. Das gefällt uns.

Klingelton – Hate To Say I Told You So (monophon)

PELLE: Was ist das? Ah! Ein Song! Ich dachte erst, das wäre ein Klingelton. Das ist ein Klingelton? Das klingt ja bescheuert. Welcher Song war das?

„Hate To Say I Told You So“.

PELLE: Ach Gott! Das machen die immer falsch! (nimmt das Mikrophon) Liebe Klingelton-Leute: Bei Rock- und HipHop-Songs könnt ihr nicht die Gesangsmelodie nehmen, weil das einfach nur dumm klingt. Ihr müßt das Background-Riff als Klingelton nehmen. Dann würde man das auch erkennen. Diesen dummen Scheiß erkennt keiner.

The Rolling Stones – Far Away Eyes

(Die Pedal-Steel-Guitar jault, der Country-Schmalz tropft) CHRIS: Na also. Jetzt kommen wir zusammen.

PELLE: Wunderschön. (Mick Jagger setzt mit einem lächerlich übertriebenen amerikanischen Akzent ein) Rolling Stones! Von SOME GIRLS. Ich hab es nicht sofort erkannt, weil eine Million Country-Songs so anfangen. Es klingt sehr schlicht, aber das liegt daran, daß es ja auch schlicht und einfach ein Witz ist (lacht).

Du kennst dich aus mit den Stones.

PELLE: Weiß nicht. Ich hab die meisten Platten, aber ich kenne nicht die ganzen Geschichten dazu. Auch hier verstehen manche Leute nicht, wie lustig die Rolling Stones sind. Das war eine lustige Band.

Inwiefern?

PELLE: Lustige Engländer halt. Mit denen müßte man in den Pub gehen. Der Song ist gut. Nicht ihr bester.

The Beatles – Hard Day’s Night

PELLE: Ach ja. Wir sind einfach viel größere Stones-Fans. Die Beatles hatten ein paar nette Songs, besonders in dieser Phase. Aber ich fand die Vocals immer ein bißchen enttäuschend. Zu quietschig, zu clean.

(„When I’m home, everything seems to be all riiight“) PELLE: Siehst du? (lacht)

Mal ganz banal gefragt: Hatten die nicht alles, was eine „gute“ Band braucht?

PELLE: In Anbetracht dessen, daß ein universeller Konsens darüber besteht, daß sie die größte Band der Welt sind, finde ich sie doch ein bißchen überbewertet. Ich mag die Rolling Stones lieber, auch wenn die eigentlich was anderes machen. In den 6oern gab es einige Bands, deren Songs mit denen der Beatles mithalten konnten. Sicher ist das „gut“, aber es tut mir nichts. Keine Reaktion. Wenn ich Beatles höre, werden in meinem Körper keine chemischen Vorgänge ausgelöst.

The l01ers – Sweet Revenge

PELLE: Ist das Joe Strummer?

Ja.

PELLE: Solo? Von seinem letzten Album vielleicht?

The l01ers. Noch vor The Clash.

PELLE: Ah. Von denen kenne ich nur „Keys To Your Heart“. Das ist so gut produziert, daß man sich kaum vorstellen kann, daß es älter als The Clash ist. Man merkt, daß hier das meiste schon angelegt war, was er mit The Clash gemacht hat. Das hätte auch aus der LONDON-CALLING-Ära sein können, oder? Wir haben einen Freund, der wie Joe Strummer klingt. Das ist lustig. Vielleicht kennst du ihn: Moneybrother. Da muß ich immer ein bißchen lachen.

Haben euch The Clash beeinflusst?

PELLE: Nicht so sehr. Eher andere Punk-Bands wie The Saints zum Beispiel.

Die Ärzte – Jag Älskar Sverige!

PELLE: Oh, deutsch. Was ist das?

CHRIS: So ein Scheiß.

Die Ärzte.

PELLE: Ah! Mit denen haben wir ein paar Shows gespielt. Sehr nette Leute, aber die Musik hat sich mir nicht so recht erschließen wollen. Da muß man wohl Deutscher sein.

Der Song heißt „Ich liebe Schweden“, ist aber ironisch gemeint. Sie beschweren sich, daß es dauernd regnet und die Leute so grimmig sind.

PELLE: Pff, wahrscheinlich haben sie recht. Ich kann dir natürlich gerne auch meine Meinung über Deutschland sagen (lacht). Ich mag aber keine ironische Musik. Dafür ist sie mir zu wichtig. Die Ärzte waren aber total nett. Nur das Publikum bestand zu 90 Prozent aus Arschlöchern. Wir waren Vorgruppe und alle Leute haben schon „Ärzte, Ärzte!“gerufen.

Klingelton – Hate To Say I Told You So (polyphon)

PELLE: Noch ein Kingelton?

Ja, aber polyphon.

PELLE (seufzt): Was soll ich sagen?

CHRIS: Ein kleines bißchen besser als der andere. Aber das ist keine Musik.

Wer die wohl alle einspielt?

PELLE (plötzlich hellwach): Das weiß ich! Ein Typ in Frankreich! Der spielt die alle!

Eine Verschwörungstheorie?

PELLE: Nein, echt! Das hat unsere Plattenfirma erzählt. Der Typ ist reich wie ein Schwein.

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