Musik Express sprach mit Bryan Ferry in London:


London hängt in diesen Tagen vollgeklebt mit riesigen Bryan Ferry-Postern, auf denen der Roxy-Sänger Reklame für sein neues Solo-Album (Titel: Another Time, Another Place‘) macht. Der elegante Bryan ist heutzutage nicht mehr das, was er vor zwei Jahren einmal war. Er hat sich inzwischen zu einem richtigen Superstar gemausert. Zu ’nem Richtigen, wohlgemerkt, was soviel heissen soll wie, dass er keinesfalls das Opfer von Starallüren geworden ist. MUSIK EXPRESS besuchte ihn neulich im vornehmen Hotel Ritz in London, um den letzten Stand der Dinge von dem Mann zu erfahren, von dem David Bowie behauptet, er werde in fünf Jahren der wichtigste Typ in der Rock-Welt sein:

Roxy Music gefährdet?

Hat Dir schon jemals jemand gesagt, dass Du eventuell bald Der Grösste‘ sein wirst? Bryan:

Nein, nicht dass ich mich erinnern könnte….

ME: Nun, Bowle hat es neulich In einem ME-Exkluslv-Interview behauptet. Bryan:

Wenn das so ist, dann muss ich mich wohl ganz schön ins Zeug legen, um David nicht zu enttäuschen.

ME: Dein zweites Solo-Album besteht ähnlich wie das erste erneut beinahe ausschliesslich aus alten, bekannten Hits. Wird die nächste Solo-LP ebenfalls ein Oldies-Album werden? Bryan:

Haha, das wage ich nicht zu prophezeien, aber es gibt einfach so viele gute, alte Songs, denen ich den Sound der Siebziger Jahre verpassen möchte.

ME: Werden Deine Solo-Touren das Fortbestehen von Roxy Music eventuell gefährden?

Bryan:

Absolut nicht. Wir stecken bereits wieder mitten in der Arbeit für das nächste Roxy-Album. Ausserdem ist das ganze Jahr so gut wie ausgebucht mit Roxy Music-Auftritten in den Vereinigten Staaten und Europa.

ME: Es stimmt doch, dass ihr in Amerika lange nicht so populär seid wie in Europa, öder?

Bryan:

Stimmt. Die Amerikaner sind für mein Gefühl einfach zu festgelegt in ihrem Musikgeschmack. Sie stehen auf der sogenannten „Laid Back‘-Musik, wie sie zum Beispiel von den Allman Brothers gemacht wird oder sie mögen schwarze ‚funky‘ Musik. Ich mag sowas auch sehr gerne, aber schau‘ mal, hier in England gibt es viel mehr Geschmacksrichtungen. Hier gibt’s Cassidy und Bowie, Bryan Ferry und Uriah Heep, Pink Floyd und Status Quo nebeneinander. Die Sounds der englischen Bands sind untereinander viel verschiedenartiger.

Ganz schön konservativ, was?

ME: Wie gefällt Dir eigentlich das erste Solo-Album von Andy Mackay, dem Roxy-Saxophonisten? Bryan:

Ehrlich gesagt, ich hab‘ es mir noch nicht angehört. Übrigens, ich werde im Dezember voraussichtlich meinen ersten Solo-Gig in London machen. Vermutlich mit denselben Musikern, die auch auf der letzten Solo-LP zu hören sind.

ME: Eine Frage, die sicherlich vielen Lesern ebenfalls auf den Lippen liegt, Bryan. Warum trittst Du im weissen Smoking auf und nicht einfach In Jeans oder in irgendwelchen irren Kostümierungen? Bryan:

Ich geb ja zu, dass Anzüge und Krawatten uniform aussehen, aber ich hab‘ sowas schon immer gerne gemocht. Ich steh‘ auch sehr auf Uniformen. Ganz schön konservativ, was?

ME: Auf Deinen zwei Solo-Aben hast Du auch Stücke von Bob Dylan gesungen. Auf der neuesten LP den Titel It Ain’t Me, Babe‘. Was meinst Du, wird Bob es wohl gut finden, dass so ein ’sauberer‘ Typ wie Du seine Songs interpretiert? Bryan: Ich hab‘ Dylan nie fragen können, weil ich ihn noch nicht getroffen hab‘. Trotzdem glaube ich, so verschieden wir auch sein mögen, dass wir uns ganz gut verstehen würden.