Motörhead


Leicht beschleicht einen das Gefühl, man könne was Sensationelles erleben, wenn das Security-Personal am Halleneingang schon schärfer zur Durchsuchung schreitet als am Flughafen. Dabei sind New Yorker Heavy Metal-Fans nicht halb so hart wie deutsche Hardcore-Headbanger. Vielleicht liegt’s auch daran, daß Motörhead keinen brachialen Heavy Metal, sondern eher erdigen Hardrock machen.

Nur die glatzköpfige Gefolgschaft der Vorgruppe Cro-Magnon schien keinen Spaß zu verstehen. Die Bandmitglieder sahen mit ihren von Tätowierungen übersäten Muskelpaketen und kahlgeschorenen Quadratschädeln aus wie schlechte Karikaturen von Gl Joe. Der Bassist bediente sein Instrument wie eine Panzerfaust, während der Gitarrist glauben machen wollte, ein scharfes Sturmgewehr in den Händen zu halten. Dazu ein Sänger, der aus einem Billig-Horrorcomic entsprungen schien.

Dann endlich — Lemmy. der Mann mit den schönsten Koteletten der Welt, betritt die Bühne. Hinter ihm. nervös tänzelnd wie Boxer vor dem Kampf, die Begleitmannschaft. Drei gnadenlose Profis, die es gut verstehen, ihre Profillosigkeit neben der imposanten Erscheinung des Lemmy Kilminster durch virtuoses Handwerk wieder auszugleichen.

„£}‘.‘ Wenn euch jemand fragt, wie es Motörhead geht, dann sagt, es geht ihnen prima!“ Lemmy, die Legende, ist zurück. Großmäulig, mit dem Charme des Motorradgang-Führers von nebenan: bloß kein falsches Wort! Doch die New Yorker wissen ohnehin, was sie der dreckigsten Rock ’n‘ Roll-Band der Rockgeschichte schuldig sind. Man liefert sich mit dem Ordnungspersonal vor der Bühne heftige Rempeleien, brüllt sich die Kehlen wund und schwingt die Fäuste. Lemmy genießt es sichtlich und beklagt sich nur: „Wir spielen jetzt die Single, von der ihr zu wenig gekauft habt. Deshalb sind wir immer noch kein Mega-Act. „

Aber ein Top-Act, keine Frage. Unverändert stahlhart knüppeln die vier Engländer auf ihre Instrumente ein. Ab und zu löst sich Wurzel — der Gitarrist — aus der Stahlwalze, reißt das Wah-Wah-Pedal auf und gibt Schub. Motörhead sind keine kalte Profi-Band, die Herren spielen ehrlich und aus dem Bauch. Lemmy hat mit dem „amerkan wax of showbiz“ nichts am Hut. keine kindischen Horror-Widerwärtigkeiten, keine Monster, kein Blut. Nur ein riesiges Band-Emblem und eine Lightshow wie beim Luftangriff auf Dresden.

Schläge auf die Brust, Tritte in den Magen. Stiche im Trommelfell — was will man mehr? Ein Motörhead-Konzert ist wie ein Ritt auf einer schweren japanischen Maschine. Mit dem Kopf im Motorblock.