Gespräch

Monet192 im Interview: „CHAMPIONS CLUB ist eine Kampfansage an die HipHop-Szene“


„Das Leben schmeckt süß-bitter wie ein Billigwein“: Ganz nach diesem Motto veröffentlicht der Schweizer Rapper sein Album CHAMPIONS CLUB und gibt darin Einblicke in seinen Erfolg und Werdegang. Wir sprachen mit Monet192 über seine Präsenz in der deutschen Rap-Szene, Zweifel, seine Mama, seine neue Platte – und die nächste.

Monet192 alias Karim Russo ist gelernter Krankenpfleger und schloss seine Ausbildung in einer Psychiatrie ab. Bereits mit 19 Jahren veröffentlichte der St. Galler seinen ersten Song „Tout le Jour“. Zwei Jahre darauf entdeckte er die Rapperin Badmómzjay durch Rapclips auf Social Media und verhalf ihr mit der gemeinsamen Single „Papi“ zu ihrem ersten Auftritt in einem offiziellen Rapsong. Seitdem folgte ein musikalisches Projekt nach dem nächsten: 2020 sein Debütalbum MEDICAL HEARTBREAK, 2021 FOUR SEASONS und im vergangenen November dann die EP KINDER DER SONNE. Wenige Wochen danach gab der 24-Jährige mit seiner ersten Single-Auskopplung „Billigwein“ einen Einblick auf das nun folgende Album CHAMPIONS CLUB. Wir trafen den Rapper und sprachen mit ihm über Kehrseiten des Erfolgs, den Zyklus des Lebens und zukünftige Alben.

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Musikexpress.de: Was steckt hinter CHAMPIONS CLUB?

Monet192: Für mich ist es eine Kampfansage und ein Beweis an die HipHop-Szene. Ich habe mich lange als Underdog und nicht ernst genommen gefühlt. Der Kontakt zu anderen Rappern war auch immer komisch für mich. Als würde man mich zwar im HipHop-Bereich akzeptieren, mir aber nicht auf einer Augenhöhe begegnen. Mit dem Album wollte ich den Leuten beweisen, dass ich rappen kann. Nur weil ich auch singe, sollte man mich nicht unterschätzen.

Gleichzeitig beinhaltet es emotionale Themen wie Liebe und Liebeskummer. Wieso?

Monet192: Grundsätzlich befindet man sich immer in einer bestimmten Lebenssituation und das fließt auch in die Produktion ein. Man geht schließlich nicht ins Studio und obwohl man einen guten Tag hatte, schreibt man einen traurigen Song – zumindest fällt mir das persönlich schwer. Es ist mir wichtig, dass die Leute einen Zyklus von mir mitbekommen und merken, wie ich mich gefühlt habe. Das ist ein Teil der Authentizität, die ich in die Platte mit einfließen lassen wollte.

Auch auf Deinem vorherigen Album FOUR SEASONS thematisierst Du Liebeskummer. Findest Du, dass Du Dich inhaltlich weiterentwickelt hast?

Monet192: Hundertprozentig! Ich habe mich in der letzten Zeit viel selbst reflektiert und dadurch einiges über mich gelernt – auch im Bereich der Liebe. Ich habe natürlich auch negative Seiten an mir, die ich in eine Beziehung bringe, aber ebenso positive. Und ich wollte beide in den Songs deklarieren.

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In dem Track „Die Schöne und das Biest“ offenbarst Du Deine Dankbarkeit dafür alleine zu sein. Das sah auf FOUR SEASONS noch anders aus. Wie bist Du an den Punkt gekommen?

Monet192: Ich hatte eine lange Zeit Schwierigkeiten alleine zu sein, weil ich es gewohnt war immer jemanden zu haben, mit dem ich sehr eng verbunden war. Für mich gab es auch nie zwanzig Freunde, sondern eher eine Bezugsperson, die ich hatte. Aber als dann gewisse Freundschaften und meine damalige Beziehung nicht mehr funktionierten, wurde ich ins kalte Wasser geworfen. Mir kam es so vor niemanden mehr zu haben und da habe ich realisiert, dass ich alleine klar kommen muss. Mit der Zeit habe ich dann auch gemerkt, wie schön das sein kann. Das hat dazu geführt, dass ich jetzt gerne alleine bin und die Zeit nutze, um Songs zu schreiben, Ideen zu bekommen oder mich mit mir selbst auseinanderzusetzen.

In einem Interview sprachst Du davon, dass Du Musik machen möchtest, die das Herz Deiner Hörer*innen berührt. Welches Lied von CHAMPIONS CLUB berührt Dich am meisten?

Monet192: Am meisten berührt „Licht“ mein Herz, weil es darin um meine Mutter geht. Sie ist in Italien geboren, von ihren Eltern dort rausgeschmissen worden und hatte es danach in der Schweiz nicht leicht. Der zweite Song ist „Ich Glaub“, weil ich aus meinem Glauben viel Kraft ziehen kann. Auch in der letzten Zeit, wo es mir echt dreckig ging, hat er mir geholfen mich zu erden und ins Gleichgewicht zu bringen.

Du meintest auch mal, dass Deine Songs Deiner Mutter psychisch helfen und sie emotional machen würden. Wie hat sie auf „Licht“ reagiert?

Monet192: Als der Song fertig war, bin ich sofort zu ihr gegangen und wollte, dass sie ihn hört. Meine Mutter ist in Tränen ausgebrochen. Der Song hat sie auf eine schöne Weise getroffen, weil sie darin zum ersten Mal die Sicht ihres Sohnes auf die ganze Geschichte gehört hat. Es war schön für sie zu sehen, dass ich alles reflektieren und auch Positives daraus für unsere Familie ziehen konnte. Sie hat mich in Vergangenheit oft gefragt, ob sie eine gute Mutter gewesen sei und ich habe nie verstanden, wie sie das hinterfragen konnte, weil es für mich keine bessere gibt. Meine Mutter hat sich immer viele Vorwürfe gemacht, weil sie ihre Schwierigkeiten hatte und deswegen dachte Fehler gemacht zu haben. Das wollte ich ihr mit diesem Song nehmen.

In der ersten Single-Auskopplung sagst Du, dass das Leben süß-bitter wie ein „Billigwein“ sein kann. Woher kam die Idee zu dem Vergleich?

Monet192: Ich war mit meiner Familie beim Italiener, bei dem wir gegessen und guten Wein getrunken hatten. Ein Sommelier hat uns dort über den Wein den wir tranken aufgeklärt und ich habe mich dadurch für einen kurzen Moment zurückerinnert. Vor vier oder fünf Jahren habe ich mit meinen Freunden noch schäbigen Wein gekauft, den wir dann zusammen auf Parkbänken getrunken und die ganze Nacht gequatscht haben. Für mich gab es aber zwischen dem heutigen und damaligen Wein gar keinen Unterschied. Es kommt nicht darauf an was, sondern mit wem du ihn trinkst. Und da kam mir beim Italiener in den Sinn, dass das Leben manchmal wie ein Billigwein ist: süß-bitter (lacht). Manchmal ist er scheiße, aber manchmal auch ganz geil, weil die Umgebung es ausmacht und mit wem du es teilst. 

Du thematisierst in dem Track aber auch Zweifler und Zweifel in Deiner Umgebung. Wie gehst Du damit um?

Monet192: Ich muss sagen, dass es bei mir ganz schlimm ist, weshalb ich auch nicht gerne raus gehe. Ich höre mir nicht so gerne an, was die Leute zu sagen haben, weil ich mir sehr vieles zu Herzen nehme und lange darüber nachdenke. Dabei bin ich mit mir selbst am schlimmsten. Ich mache mich für alles klein und gebe mir die Schuld, wenn etwas nicht funktioniert. Das würde ich niemandem empfehlen und ich weiß selber nicht wie man das abschalten kann. Ich versuche einfach so gut wie möglich mit solchen Momenten umzugehen und mich im Nachhinein zu fragen, ob ich wirklich etwas ändern hätte können. 

Video: Monet192 – „Billigwein“

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Gleichzeitig repräsentiert der Titelsong Selbstsicherheit und Deinen gegenwärtigen Erfolg. Was ist denn der größte Unterschied zu früher?

Monet192: Der größte Unterschied zu früher ist, dass ich meine Mutter nicht mehr weinen sehen muss. Das ist auch der Beste. Als Kind habe ich mich oft hilflos gegenüber diesen erwachsenen Menschen gefühlt, die meiner Mutter Rechnungen schicken, die sie nicht zahlen kann. Vor Kurzem hat meine Mutter mir noch von einer Freundin von ihr erzählt, der Gefängnis droht, weil sie ihre Rechnungen nicht bezahlen kann. Ich kenne diese Frau und sie ist niemand, der ins Gefängnis gehört. Sie hat ihr Leben lang hart gearbeitet, zwei wundervolle Kinder auf die Welt gebracht und hatte es nicht leicht. Als meine Mutter mir das erzählte, erklärte sie mir damals die selbe Angst gehabt zu haben. In dem Moment wurde mir klar, wieviel Druck meine Mutter früher gehabt haben muss und was ich alles als Kind nicht mitbekommen habe. Sie ist eine enorm starke Frau und hätte ich nur zehn Prozent davon, hätte ich schon für mein Leben ausgesorgt.

Du rappst in dem Song auch über die Kehrseiten des Erfolgs. Welche hat Dich am meisten überrascht?

Monet192: Ich glaube am Anfang war ich noch ein bisschen naiv und dachte, man könne jedem vertrauen. Aber das kann man nicht und das hat mich am meisten gekränkt und überrascht. Man muss immer über seine Rechnungen schauen, was bezahlt worden ist und was nicht. Viele haben es nicht leicht im Leben und wollen sich an dir bereichern, um ihre eigenen Probleme zu lösen. Aber ich könnte auch niemanden dafür einfach verurteilen. Mir stellt sich immer die Frage, was dahinter steckt, weil jeder Mensch eine zweite Chance verdient hat. 

Video: Monet192 – „Champions Club“

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In „Click Clack“, erklärst Du, dass sich viele Leute für Rapper halten und jeder ein Pop Smoke sei. Was hat Dich zu der Aussage bewegt?

Monet192: Ich wollte ein bisschen gegen die Leute schießen, die sehr kopieren. Man darf sich immer inspirieren lassen, das ist in Ordnung. Aber mir fällt auch auf, dass viele Newcomer die Beats von anderen übernehmen und damit schon Erfolg haben wollen, statt selbst etwas neu zu erfinden. Ich sage nicht, dass man das Rad neu erfinden muss. Aber mach die Beats selber. Geh ins Studio und tausch dich mit einem Produzenten aus. Die Leute sollen Mut haben ihr Ding zu machen. Der Stil von anderen sollte kein Maßstab sein, nur weil jemand damit Erfolg hatte. Mach deinen Stil zum Maßstab.

Video: Monet192 – „Click Clack“

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In den vergangenen eineinhalb Jahren hast Du zwei Alben und eine EP veröffentlicht. Nun steht für 2023 Deine Tour an, die aufgrund der Pandemie mehrfach von 2020 nach hinten verschoben werden musste. Welche Platten wirst Du dort performen?

Monet192: Alle Songs werde ich nicht performen können, weil es zeittechnisch nicht möglich wäre und ich sonst zehn Stunden auf der Bühne stehen würde (lacht). Aber ich werde auf jeden Fall aus jedem Projekt Songs rausziehen und sie live zeigen. Darum haben wir auch den Namen bewusst zu „Tour de Neunzehnzwei“ geändert, damit es nicht an ein Projekt gebunden ist. Die Leute sollen wissen, dass alles kommen könnte. Von meinem allerersten 192-TAPE, über MEDICAL HEARTBREAK bis CHAMPIONS CLUB.

Kann man bis dahin bereits neue musikalische Projekte von Dir erwarten?

Monet192: Tatsächlich habe ich schon ein neues Album fertig, welches, wenn alles klappt, noch vor der Tour veröffentlicht wird. Es wird auf jeden Fall viel Arbeit das bis dahin zu schaffen, aber ich glaube, dass wir es hinkriegen und die Leute sich freuen werden.

Hört hier Monet192s Album CHAMPIONS CLUB im Stream:

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