Monatlicher Rechenschafts Bericht
Er scheint den Groove gepachtet zu haben. Mink de Ville und sein SPORTIN‘ LIFE setzten sich mit Blues-Rock- und Shuffle-Rhythmen souverän an die Spitze; gefolgt vom Ex-Gun-Club-Sänger Jeffrey Lee Pierce, der, jetzt solo, auf WILD-WEED unpolierten Gitarren-Rock bringt. Danach das aktuelle Opus seiner Geilheit Prince, AROUND THE WORLD IN A DAY, auf Platz drei.
Straighter Garagen-Pop aus England auf Rang vier – die Jazzbutcher und A SCANDAL IN BOHEMIA verweisen den heimischen Mundart-Rock von Haindling mit SPINN I und die countryhaften Newcomer Lone Justice und ihr WAYS TO BE WICKED auf die nächsten Plätze.
Von J.J. Cale bis Westcoast reicht das stilistische Spektrum von Gitarrero Mark Knopflerund seinen Dire Straits, deren BROTHERS IN ARMS den siebten Rang vor Tania Marias Latino-Jazz betontem MA-DE IN NEW YORK und ebenso vor den Adaptionen alter Rhythm & Blues-Standards von Willie And The Poor Boys behaupten. Hinter diesem Charity-Projekt verbergen sich so namhafte Leute wie Bill Wyman, Paul Rodgers oder Chris Rea.
Bekannte Gesichter auch auf Platz zehn bis 12: Michael Franks und SKIN DIVE, einer Mainstream-Fusion aus Rock und Jazz, Honeydripper Robert Plant mit minimalen Rock-Rhythmen auf SHAKEN ‚N‘ STIRRED und Ex-Eagles Joe Walsh und THE CONFESSOR.
Steely-Dan-Reminiszenzen kommen auf bei China Crisis‘ FLAUNT THE IMPERFECTION, produziert von Walter Becker , auf Rang 13. Dahinter schoben sich die poppige Tanzmusik der irischen Les Enfants mit TOUCHE auf 14, Queen-Chanteur Mercury und sein MR. BAD GUY im Disco-Trend auf 15, der BOY IN THE BOX des Kanadiers Corey Hart auf 16 und die Roxy-Music-Flüchtlinge Mackay/Manzanera als The Explorers auf 17.
Dead Or Alive und ihren Disco-Pop auf YOUTHQUAKE bedeutete das: Platz 18.
Als er sich an die Fersen von Kommissar Schimanski heftete, um Soundtrack-Melodien zum „Tatort“ zu liefern, war der Knoten auch für ihn geplatzt. David Knopfler, Sänger, Songwriter und Gitarrist, ist ja in der unglücklichen Lage, „der kleine Bruder“ des großen Dire-Straits-Gitarreros Mark zu sein. Er hatte sich freigeschwommen, was auch Auftritte in „Na Sowas“, „Formel Eins“ sowie eine Tour beweisen. Die Aktivitäten des Mainstream-Rockers waren schließlich so zahlreich, daß er seinen Pflichten als MÜV-Gastkritiker leider nur unvollständig nachkommen konnte.
Robert Plant: „Mein Gott, was hast du da bloß angerichtet! Eine ganz und gar halbherzige Produktion – weit entfernt von der kühlen Eleganz eines ,Big Log‘.“ (1) Joe Walsh: „Eine runde Sache mit intelligenten, wenn auch sehr unterschiedlichen Texten; doch immer noch besser als Robert Plants Album, obwohl auch ihm einiges fehlt.“ {3) China Crisis: „Eine munter-modische wie auch optimistische Pop-Platte, handwerklich gut gemacht und arrangiert, mit ansteckender Wirkung. Musikalisch zudem eine kompakte Vorstellung.“ (3) Dire Straits: „Ich liebe es, ein wunderbares Album mit einem meiner absoluten Lieblings-Gitarristen. Jeder Song ist schön und trifft genau ins Schwarze. Ich glaube, die ist das Beste, was Mark bisher gemacht hat. Ich bin wirklich beeindruckt davon. BROTHERS IN ARMS bringen dich zum Weinen.“
(6) Prince: „Oh dear, wo er doch schon Millionen über Millionen Alben verkauft hat, ist dies dennoch kein Geniestreich. Die Plattenfirma wird Probleme haben, eine hitverdächtige Single darauf zu finden. Enttäuschend!“ (3) Freddie Mercury: Noch schlechter als Queen! Ich war nie ein Fan dieser Band. Es gibt im Grunde nur einen Song von ihnen, gemeinsam mit David Bowie, der mir gefiel- und das war ,Under Pressure‘.“ (2) Dead Or Alive: „Sie sind zwar nicht unbedingt Frankie Goes To Hollywood oder Talk Talk, aber trotzdem ist ihnen eine überdurchschnittliche Disco-Produktion gelungen. “ (5) Tania Maria: „Ich selbst konnte die Platte nicht bis zum Ende hören, aber mein Bassist überzeugte mich, daß dieser Latino beeinflußte Jazz brillant sei. Diese Art von Musik trifft zwar nicht unbedingt meinen Geschmack, doch mein Bassist weiß das sicher besser. “ (4) Corey Hart: „Eine Rock ’n‘ Roll-Band, die sehr energisch klingt, dazu eine teure und gut gemachte Produktion mit Melodien, die mich allerdings nach dem ersten Hören nicht angesprochen haben. Das ist wohl eher etwas für die großen amerikanischen Stadien.“ (3) Mit dem einen Bein bereits im Tour-Bus nach Zürich, mit dem anderen noch am Telefon, nahm sich David trotzdem die Zeit, auch auf einige Stichworte persönliche Antworten zu geben:
Dire Straits
„Es war schon eine Erleichterung für mich, die Band zu verlassen; schließlich befanden wir uns zu der Zeit nicht gerade in unserer glücklichsten Phase. Was soll’s, es ist kein Geheimnis, daß Bands immer wieder von einzelnen Musikern verlassen werden. Andererseits muß ich sagen, daß ich mich nicht darum kümmere, was einmal gewesen ist.“
Heavy Metal
„Es gibt guten und schlechten Heavy Metal. Was ich allerdings überhaupt nicht mag, ist diese Sex-Kiste und ähnliche Spielereien, auch nicht die Gorilla-ähnlichen Verkleidungen einiger Bands. Wenn es intelligent gemacht ist, bin ich der letzte, der es nicht gut findet.“
Jazz-Revival
„Art Pepper ist mein Lieblings-Saxophonist, mit Abstand. Mich interessiert vor allem der Fifties-Jazz, die frühen Nina-Simone- und Billie-Holiday-Alben, obwohl das nicht reiner Jazz im strengen Sinne ist. Auch die neuen Sachen, die aus New York kommen, wie Mike Mineri und dessen Album WONDERLUST, gefallen mir; er ist für mich einer der besten Jazz-Sänger.
So froh ich auch über das Revival bin, glaube ich andererseits doch, daß es nur von beschränkter Wirkung sein wird. Es sei denn, du spielst strikt im Vierviertel-Takt mit eingängigen Melodien, wie etwa Matt Bianco in ihrer kommerziellen Art. Das ist Musik, die auch im Radio gespielt wird. Doch das hat wohl kaum noch etwas mit Cool-Jazz zu tun.“
Arbeitslosigkeit
„Soviel ich weiß, gibt es in der Sowjet-Union keine Arbeitslosigkeit, sondern Vollbeschäftigung. Doch dafür bezahlt dort auch jeder seinen Preis.“
Videos
„Sie sind fade und langweilig; ich mag sie mir nicht ansehen. Lieber höre ich mir auf einer guten Anlage Musik an. Es gibt genau genommen nur ein, zwei Leute, die mit dem Video-Medium richtig umgehen können. Das sind nämlich Kollegen, die einmal die Kunst-Akademie besucht haben. Talking Heads-Videos sind oft interessant, Peter-Gabriel-Videos auch. Doch die anderen wirken auf mich zu 90 Prozent mehr oder weniger wie Waschmittel-Reklame, wie langweilige Werbung. Ich verstehe einfach nicht, weshalb soviele Leute darauf versessen sind, sich Videos anzuschauen.“