Moloko
MÖGEN DIE MENETEKEL IN METERHOHEN Lettern an den Billboards dieser Welt geprangt haben-die Vorfreude auf ein unterhaltsam angeschrägtes, von angenehm bizarren Protagonisten dargebotenes Elektro-Pop-Konzert will man sich durch einen Hit („Sing It Back“) dann doch nicht nehmen lassen. Und so drängt man das Wissen um die Folgen einer weltweit zu Ruhm und Ehren gelangten Hitsingle fernab ins Unterbewusstsein,freut sich gar mit den Künstlern, dass diese aufgrund des erfolgreichen Vorverkaufs kurzfristig von einer recht intimen, mit dem Leumund des „Kultigen“ behafteten Location in eine Breitwand-Rock-Arena umgezogen sind. Doch seitdem „Sing It Back“ sogar zur Standardbeschallung in französischen Supermärkten, britisch besetzten Ibiza-Kneipen und deutschen Crafik-Designer-Hangouts geworden ist, hat der exzentrisch veranlagte, bei aller Opulenz der Arrangements doch stets den kleinen Gesten verpflichtete Pop von Sängerin Roisin Murphy und Sound-Spezialist Mark Brydon mit der eigenen Dimension zu kämpfen. So auch an diesem Abend, an dem die beiden von Eddie Stevens (Keyboards), Paul Slowley (Keyboards) und Dave Cook (Gitarre, Gesang) unterstützt werden. Und in dieser nahezu klassischen Besetzung, nun, man kann es bestenfalls noch in Anführungszeichen setzen, „rockt“ Moloko richtig ab. Vergessen scheinen alle filigranen Klang-Details, die das archivierte Gesamtwerk der Band zu einem zwischen Ironie und Integrität schlendernden Spaziergang durch die Popjahrzehnte werden lassen. Auf der Bühne bleiben Moloko den Siebzigern und der Attitüde des Glamrock verhaftet. Groß ist hier jedes Gitarrenriff, egal ob es auf T-Rex oder auf Isaac Hayes verweist. Zu groß scheint die Ähnlichkeit mit einer Blondie-Revival-Band, die zwar genügend Euphorie produziert, um eine ganze Halle zu unterhalten, dabei aber auf die Zwischentöne verzichten muss. Deutlich wird dies etwa an „Somebody Somewhere“,jenem Duett, bei dem sich Roisin im Studio durch die Rolle einer noch jungfräulichen Etta James soulte, während Sangespartner David Cook aus einer Space-Funk-Diskussion zwischen Lou Reed und David Bowie zitierte. Der Live-Version fehlt es an Swing, dem Rollenspiel fehlt die ironische Distanz, so dass die Phrase „Yourspirit isfree“ mitten hinein verweist in „hair“-ige Hippie-Seligkeit. Schade, da wäre mehr drin gewesen, wie andere, erfolgreich verlaufene Transformationen von clubgroovender Sampledelia in Live-Kontexte bewiesen haben.