Mind Funk
Es ist heiß in Köln, der Sommer hat sich gerade mal wieder für ein paar Tage zurückgemeldet. Draußen vor Ricks Concert Hall tummelt sich ein buntes Völkchen in der Sonne und wartet in aller Ruhe ab, was der Abend so bringen mag. Erstaunlich viel „Faith No More“-Styling ist zu sehen, kurz: Kölns hipper Rock-Underground scheint vollzählig eingelaufen, um die neueste We break all barriers-Freestyle-Sensation aus den USA live zu erleben. Arg verfehlt wäre es freilich. Mind Funk als schlichte Wellenreiter abzutun. die heute auf Funk surfen und morgen mit dem Blues aus der Vorstadtkneipe taumeln. Hinter Mind Funk steckt mehr, und das hat sich schnell rumgesprochen. Aus allen Teilen der Republik sind sie zum einzigen Deutschland-Gig angereist, viel Presserummel auch, den die Band allerdings locker und routiniert wegsteckt. Das kennt man immerhin alles schon aus Celtic Frost- und M.D.D.-Zeiten.
Auf der Bühne hingegen ist es mit der Routine vorbei. Welch ein Unterschied zum Vinyl! Die Band schaltet live auf deutlich höhere Drehzahlen. Gemeinsam aus allen Poren schwitzend, treiben sich Publikum und Band gegenseitig an. Mind Funk spielen um ihr Leben, ziehen alle Register — und das sind etliche. Mind Funk ist mehr als eine trendy Funk Metal-Band. Bluesinspiriertes Gitarrenspiel, gelegentlich fast ein wenig an Django Reinhardt erinnernd, jazzige Phrasierungen in abruptem Wechsel mit hammerharten Rockpassagen, psychedelische Elemente mittendrin. Songs wie „Big House Burning“ oder das eher fast schon „Sister Blue“ spiegeln in sich schon die ganze Bandbreite der Mindfunker.
„Wir haben alle recht unterschiedliche Backgrounds und stark voneinander abweichende Vorlieben. Das reicht wirklich von Klassik über Latin, von Jazz und Zwölfion-Musik bis hin zu einer Präferenz für manche der 70er Bands wie YES, ELP oder Genesis. Das ist die eine Seite von Mindfunk. Die andere ist die absolute Abneigung gegen dümmliche Klischees und strikte Kategorisierung in Marktschubladen“, hatte Drummer Reed St. Mark vor dem Konzert erklärt. Die Kollegen halten sich dran. Das Gitarrengespann Louis Svitek und Jason Coppola leistet sich immer wieder abenteuerliche Spielereien, während die Rhythmussektion Schwerstarbeit leistet, immer exakt auf den Punkt, selbst halsbrecherische Taktund Rhythmuswechsel werden mathematisch genau durchgezogen.
Beherrscht freilich wird die Szene von Pat Dubar. Stimmlich mag der Sänger nicht jedermanns Fall sein, seine Ausstrahlung jedoch ist enorm. Er versteht es zu kommunizieren, das Publikum zu integrieren. Und er kann singen wie der Teufel.
Als in Rick’s Concert Hall die Saallichter wieder angehen, strömt ein sichtlieh geschafftes Publikum aus der Halle, das sieh in einem Punkt weitestgehend einig ist: Diese Band hat ES, jenes kleine Etwas mehr, das eine Gruppe aus der Masse der Eintagsfliegen heraushebt. Schade eigentlich, denn bald wird man die New Yorker kaum noch in jenem Ambiente zu sehen bekommen, das ihnen am angemessensten ist: Bald schon werden die Clubs viel zu klein für sie sein.