Mighty Joe Moon


von Grant Lee Buffalo

Keine Experimente. Auch das zweite Werk des Trios aus San Francisco glänzt mit jenen Tugenden, die schon das exzellente Vorjahresdebüt FUZZY aus einer Flut ähnlicher Veröffentlichungen heraushoben. Das Standbein fest auf Country und Folk gestützt, badeten Sänger und Gitarrist Grant Lee Phillips, Bassist Paul Kimble und Drummer Joey Peters ihr Spielbein bereits 1993 tief in wüsten Fuzz-Orgien. Michael Stipe von R.E.M. würdigt GLB seither als eine der besseren US-.Bands. Pearl Jam engagierten die Newcomer gar als Vorgruppe für ihre 93er Amerika-Tournee. Und mit der bösartigen Single „America Snoring“ landeten Grant Lee Buffalo einen veritablen Chart-Erfolg.

Die 13 neuen Stücke von MIGHTY JOE MOON nun sind eine Fortsetzung von FUZZY mit gleichen Mitteln. Die Akustikgitarre von Grant Lee Phillips springt unvermittelt von schaumgebremstem Zupfen zu schmerzhaftem Schlagen. Derweil klingen die Drums eben noch wie mit dem Besen gespielt, um dann plötzlich in ein stotterndes Stakkato hinüberzukippen. Eingebettet in diesen Sound erinnert Phillips Stimme mehr an das nervöse Organ David Byrnes als an das wei ehe Wimmern Neil Youngs. Wie auch das gesamte Klangbild eher an den staubigen Texas-Rocker Calvin Russell denn an R.E.M. denken läßt.

Dennoch: Die Fortschritte, die die Buffalos im zurückliegen ‚den Jahr gemacht haben, Jsind unüberhörbar. Im Unterschied zu FUZZY ist »MIGHTY JOE MOON wie ‚aus einem Guß geraten. Was im ersten Durchlauf noch klingt wie ein wei-‚terer unerheblicher Versuch, Folk, Blues und College-Rock zu farblosem Neo-Folk zu verrühren, entpuppt sich nach und nach als Geniestreich ohne Hänger angefangen vom Opener „Lonestar Song“, der heftige Strophen mit einem leisen, quasi achselzuckenden Refrain kombiniert, über das zentrale „It’s The Life“ mit seinem klassischen Gitarrenpicking bis hin zum finalen „Rock Of Ages“, einer stillen Zwei-Akkord-Geschichte über Abschied und Wiederkehr.

Das zweite GLB-Album schleicht sich an wie aus dem Hinterhalt: unaufdringlich aber unwiderstehlich. Im Grant Lee-typischen Mix aus Country-Sentiment und Grunge-Anleihen ist keine Note zuviel. Jeder Ton sitzt, jede sparsame Harmoniefolge entwickelt genau die beabsichtigte Wirkung. Gestützt auf die Minimalbesetzung Gitarre, Bass und Schlagzeug, quirlen die drei Amerikaner mal eruptiven Lärm, mal eine quengelnde Mundharmonika unter ihre träumerischen Melodien. Bisweilen sorgen auch ein ganz aus der Ferne hereinschimmern des Cello, eine schmelzende Slide-Gitarre oder ein bodenständiges Banjo für Abwechslung.

Trotzdem: MIGHTY JOE MOON, produziert von Bassist Paul Kimble, wirkt nie überladen, bleibt stets transparent und kommt so Phillips vokalem Ausdrucksvermögen zwischen verhaltenem Flüstern und schierer Wut immer wieder entgegen.