Michael Rose


Eine Kämpfernatur war er schon, als er mit Black Uhuru gegen das dekadente "Babylon" zu Felde zog. Musikalisch hat sich der Rastaman zwar von Jamaika verabschiedet, doch militantere Töne wird man auch weiterhin von ihm hören. ME/Sounds-Mitarbeiter Paul Lester traf ihn zum Start in die Solo-Karriere.

Es gibt ihn noch, den unerschütterlichen Kämpfer für Gerechtigkeit, den Ritter ohne Furcht und Adel. Michael Rose heißt er und stammt aus gutem Hause. Seine Familie, das war bis 1985 die Edel-Reggae-Combo Black Uhuru. Nach einer mehrjährigen kreativen Pause versucht sich Michael jetzt als Einzelkämpfer.

Sein Zorn hat dabei ein weites Spektrum – vom Weltkrieg bis zum Wildern im Regenwald. „In der Welt passieren weiß Gott üble Dinge“, klagt der noch immer dreadlockige Mann aus Jamaika, „doch ich möchte meinen Teil dazu beitragen, daß die Leute sich nicht apathisch hängenlassen, sondern weiterkämpfen. „

Sein erster Streich als Solist ist die in diesen Tagen erscheinende Single „Dump The Lump“ („Keep The Fire Burning“). „Wobei das Wortspiel ,Dump The Lump’nichts weiter ist als die Aufforderung, alles Negative, was uns umgibt, rigoros zu kappen. “ Dabei wirkt Michael Rose fast schon wieder optimistisch, wenn er positives Denken proklamiert: „Negativismus als Selbstzweck führt doch zu nichts“, sagt er mit einem kategorischen Kopfschütteln.

Ein Pfadfinder gegen Krieg und Korruption also? Nach dem Motto „Mit positive vibrations jeden Tag eine gute Tat“?

„Nein, nein“, protestiert Rose eilig. „In der Sache bin und bleibe ich militant. Aber man muß ja nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen.

Deshalb wird es auch einige Leute geben, die sich die Augen reiben werden, wenn sie das Video zu „Dump The Lump“ sehen.“

„Positive Wut“ nennt Michael Rose das Gefühl, das ihn überkommt, wenn er mit Krieg, Hunger und sterbenden Wäldern konfrontiert wird. Erstaunlich aber ist, daß er diese Wut ausgerechnet in einem Dancefloor-Rahmen artikuliert. Mit dem „Feuer der Aufrichtigkeit“ allerdings, wie Rose umgehend betont. Produzent von „Dump The Lump“ ist der japanische Schlagwerker und Sound-Tüftler Gota. Bereits als Programmer von Soul II Soul zu Ehren gekommen, hat Gota den Track mit einem fulminanten Beat unterlegt. Über allem aber schwebt die einstige Stimme von Black Uhuru. Eine Stimme, die – ähnlich der Bob Marleys – jahrelang die Stimme der Rasta-Bewegung war. Eine Stimme, die in diesem neuen musikalischen Rahmen allerdings eher gewöhnungsbedürftig ist.

Bei einem ausgedehnten Spaziergang durch den Westen von London blickt Michael Rose zurück: „Nach sechs Jahren und sieben Alben mit Black Uhuru tat es verdammt gut, auf sich selbst gestellt zusein. Ich mag es, alleine zu sein, meine eigenen Sachen zu verantworten.“ Etliches an eigenen VorStellungen hat der Mann aus Kingston bereits realisiert. Auf die Single „Dump The Lump“ folgt Anfang „90 die LP THE EDGE, eine radikale Mixtur aus Reggae Roots. Hip Hop, Rap und Soul. Rose verarbeitet auf seinem ersten Album Einflüsse von Public Enemy und Salt ’n‘ Pepa, von Tracy Chapman und UB40 – Musiker, deren Platten der Jamaikaner in Zeiten musikalischer Abstinenz intensiv gehört und verarbeitet hat.

Michael Rose hat sich Abwechslung ganz bewußt aufs selbstgewebte Banner geschrieben. Schon die stilistische Vielfalt soll Neubeginn und Abgrenzung gegen Black Uhuru sein. Sein Londoner Management (der Deutsche K. P. Schleinitz, bereits als Entdecker von Terence Trent D’Arby erfolgreich) formuliert die Marschrichtung wie folgt: „THE EDGE unterstreicht Michaels meisterhafte Fähigkeit. Dub und Dance miteinander zu verbinden, Militanz und Romantik. Das Album spielt mit verschiedenen musikalischen Formen. Und zwar in vieler Hinsicht so, wie Prince das macht. „

Ein hoher Anspruch – auch für jemanden, der als Sänger einer der erfolgreichsten Reggae-Formationen weltweite Erfolge feiern konnte. 1981 kürte der „Rolling Stone“ Black Uhuru zur besten Reggae Band der Welt, und die LP RED machte das Rennen um den Titel „Bestverkauftes Reggae-Album des Jahres“. Auch der „Guardian“, Leib- und Magenblatt Britanniens liberaler Intelligenz, hievte Black Uhuru auf Platz 1 der damaligen Reggae-Acts.

Dennoch kam es zum Split -„.wegen musikalischer Differenzen“, wie es heute lapidar heißt. Selbst der Grammy für die „Beste Reggae Band des Jahres 1984″ vermochte die Auflösungserscheinungen nicht zu stoppen. 1985 überließ Michael Rose seinen Platz dem Sänger Delroy Junior“ Reid. – Keine Träne im Knopfloch, wenn Michael Rose heute an die großen Erfolge von damals zurückdenkt?

„Nein. THE EDGE spiegelt meinen heutigen Entwicklungsstand wider. Die LP hat ein großes stilistisches Spektrum und kann daher die unterschiedlichsten Menschen und Gruppierungen ansprechen. In meiner Musik gibt’s für jeden etwas, und so hab ich sie mir schon immer gewünscht. „